White Willow "Terminal Twilight" (Termo Records 2011)

Noch immer steht das legendäre 1995er Debütalbum "Ignis Fatuus" wie ein Mahnmal in der Diskographie der Norweger. Mittlerweile wurde das Album auf CD und Schallplatte wieder aufgelegt, der von der Bandwebseite anwählbare Shop ist nicht mehr existent, möglicher Weise ist die LP schon wieder ausverkauft. Wundern würd's mich nicht. Das düstere Symphonic Folk Prog Werk geht von Alpha bis Omega bestens ins Ohrgedärm. 16 Jahre nach dem ersten Album sind White Willow bei Numero 6 angelangt. 5 Jahre hat es bis dahin gedauert. In der wohl sowieso nur losen Truppe hat sich einiges getan. Um Chefkoch Jacob Holm-Lupo (g) drängen sich Sylvia Erichsen (voc), Lars Fredrik Frøislie (keys, Wobbler), Ketil Einarsen (fl, Jaga Jazzist, Motorpsycho), Ellen Andrea Wang (b, SynKoke) und Mattias Olsson (dr, Änglagård, Pineforest) sowie einige illustre Gäste: Tim Bowness (voc, No Man), David Lundberg (keys, Gösta Berlings Saga) und Michael S. Judge (g, The Nerve Institute). Große Namen - nützt auch was.
Was hat sich am Bandsound getan? Der Folkanteil war schon nach dem ersten Album nicht mehr sehr stark ausgeprägt. Jetzt sind jedoch vielfach und ausgedehnt genutzte akustische Gitarren wieder im Bandsound zu hören. Der düstere symphonische Melancholiezauber hat wieder wundersam instrumentale Ausarbeitung gefunden. Es scheint, Chef Holm-Lupo ließ die Zügel lockerer, so dass der homogene Sound ausgedehnte - und begnadete - Epik hat, die erstklassig komponiert und gespielt wurde, sphärisch weit leuchtet und ganz tief in den Bann zieht. Gewiss hatte da Keyboarder Frøislie seine Finger im Spiel. Nicht nur, dass der Old School Tastensammler viel analoges Equipment eingestöpselt hat und ja, herrliche Sounds fließen lässt. Die Band, immer schon seelenruhig, scheint noch ausgeruhter und entspannter. Die dunkle Lyrik der Stücke hat Weite und Atemraum, und selbst in den mehr popbetonten Gesangsarrangements steckt mehr Feingefühl, weniger Druck, aktuellen Zeitgeist einfließen zu lassen - der schon im ersten Track zu Beginn zu hören ist - und dann nie wieder so stark. Sylvia Skjellestad ist nach dem Ausstieg vor dem Vorgängeralbum wieder mit an Bord, ihre Stimme ist White Willow. Ich persönlich wünsche mir weniger sensiblen weiblichen Gesang als eher folkig-schrägen (und männlichen) Jazzgesang. Aber nix da. Die Dame macht ihre Sache sehr gut, die Songs haben mit ihrem Einsatz im Vokalarrangement die leichtere Gangart, gehen schneller ins Ohr, auch in Ohren, die nicht ausgefallen Schreckliches hören wollen/können.
Was zum Beispiel mitten in "Red Leaves" passiert, wo das Tastenensemble symphonischen Rock im Stil der britischen 70er spielt, ist einfach unglaublich und ganz und gar genial! Solcher Art kehrt immer wieder. Plötzlich ist da die elektrische Gitarre, partiell gar mit Soloeinsätzen, und dann geben die Keyboards ALLES. Die Rhythmusabteilung macht - muss das extra erwähnt werden - erstklassige Arbeit. Bass und Schlagzeug arbeiten überwiegend bombastisch, das gilt für die Spielweise wie für den Sound, das Schlagzug ist mit viel Hall abgenommen worden, der Bass (und seine Pedals) runden den Keller erhaben und Volumensatt ab. Während die Bassarbeit überwiegend melodisch orientiert ist und im Bandinterplay mitmischt, lässt das Schlagzeug keine Möglichkeit aus, ungewöhnlich, ausgefallen und komplex zu klingen. Schon nicht übel, eher sehr gut.
Die Gäste haben sich gut in den Bandsound eingearbeitet, Tim Bowness' Stimme ist gewiss zu erkennen, Michael S. Judge ist zu vernehmen, wenn man ihn findet, White Willow hat sie alle gebannt und zu Teilen des typischen Bandssounds gemacht, der mit "Terminal Twilight" erheblich besser gelungen ist, als der Vorgänger "Signal to Noise". Da sind Siebenmeilenstiefel zum Einsatz gekommen. Wünsche bleiben kaum offen, es sei denn, für VM, der keine Dame am Mikrophon will. Aber das hat nix zu sagen.
Das Debüt indes bleibt unerreicht.
Tipp!

whitewillow.info
VM



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