Technik



Der Orden der Phönix

"Frank Zappa`s Phönix SG"

---....Test... Test... 1,2,1...! Können Sie mich hören? Also, mein Mund bewegt sich, kommen irgendwelche Geräusche heraus? Nein? Schade, dann haben Sie ja das Vorwort von Wolfgang Niedecken auch nicht verstehen können, denn das sollte jetzt hier so eine Art Hörbuch werden!! Ach, dann komm ich halt so zur Sache.
Die incredible Zappaboys gehen demnächst auf Tour!! Nun war in der "Gitarre & Bass" vom November 05 die Behauptung von "The Dweez" zu lesen, dass er mit Gibson eine Neuauflage der Phönix SG plant bzw. rausbringen will.
Grund genug für mich, das Original nochmals zu durchleuchten. Aber diesmal ordentlich!
Ganz ohne fremde Hilfe wäre dieser umfassende Bericht nicht möglich gewesen, deshalb unterstützte mich kein geringerer als der renommierte Gitarrenbauer Rainer Tausch. Herr Tausch baut in Illertissen beeindruckend schöne Gitarren, die auch noch phantastisch klingen! Schauen Sie doch einfach mal unter Tausch Guitar.de. !
Aber jetzt geht's los!
So um 1975 herum, bekam Mr. Zappa (1940-1993) nach einem Konzert in Phönix Arizona, Backstage, eine Gitarre präsentiert. Der junge Mann, der sie gebaut hatte, hielt sich im Großen und Ganzen an das Vorbild der Gibson SG/Les Paul 1961. Zappa zahlte 500 $ und übergab die SG Mr. Rex Bogue, der sie nach Frank ī s Wünschen umarbeitete. Bis 1979 war sie Frank īs Hauptgitarre und wurde von der Gibson Les Paul Custom abgelöst. Der Name des Gitarrenbauers war übrigens auch nach härtester Recherche nicht herauszukriegen. Klingt nach einem spezialgelagerten Sonderfall für die 3 Fragezeichen!!! Ne, Stopp,??? ! So, gezz ist richtig!
Zurück zur Gitarre.
Beschäftigen wir uns erstmal mit dem Original, dem Vorbild!
Aufgrund der rückläufigen Verkaufszahlen stellte Gibson 1961 die SG (SG = SOLID GUITAR) als Nachfolge der Les Paul Signature der Öffentlichkeit vor.
Den Namen "Les Paul" trug sie allerdings nicht lange, denn Namensgeber William Lester Polfuss mochte sie nicht. "A guy could kill himself with this sharp horns!" Außerdem lief gerade die Scheidung von Mary Ford und Les wollte nicht zu viel von seinem Geld abdrücken.
Eine 61er SG erkennt man übrigens am kleinen Schlagbrett. Standart und Custom hatten erstmal das große "Batwing" Schlagbrett. Dieses sollte sich aber im Laufe der Zeit noch oft ändern.
Der dünne Korpus, sowie der Hals, bestanden komplett aus Mahagoni. Gibsontypisch waren die 22 Bünde, 2 Humbucker und die Saitenaufhängung Stoptailpiece. Alternativ gab es auch noch das Gibson Vibola Vibrato. Lackiert wurde sie in Rot und einem Braunton. Beides übrigens Klarlack. Als Griffbrettmaterial diente hier Rosewood, die Griffbretteinlagen zeigten Gibson Krönchen. Prominente Spieler sind: Frank Marino, Angus Young, Derek Trucks, Warren Haynes, Tony Iommi u.v.a..
Kommen wir nun zu Zappa īs handmade Copy (Linernotes "Shut up īn play yer Guitar"). Auf den ersten Blick sieht sie wie eine normale 61er SG aus, geht man allerdings in īs Detail werden die Unterschiede schnell offensichtlich. An der Kopfplatte befinden sich vergoldete Grover Mechaniken, die zu damaliger Zeit um einiges stimmstabiler waren als andere Fabrikate. Unter anderem hat auch kein geringerer als Jimmy Page diese Mechaniken auf seiner No 1 Les Paul. Der Originalgibsonschriftzug, der auf der Kopfplatte Verwendung findet, würde heute ein Heer von Anwälten beschäftigen (Ibanez und Tokai können ein Liedchen davon singen!).
Am auffälligsten ist der Hals, der eine sehr eigenartige Griffbrettmarkierung aufweist. Mit Ausnahme von Bund 5 und 12 markieren Dots die Lagen 3, 7, 9, 15, 17, 19, 21 und 23. Bund 5 beherbergt einen 5 zackigen Stern, Bund 12 links und rechts, 2 stilisierte Kettenglieder. Markierungen dieser Art sind eher auf Banjo īs zu finden. Strategisch wichtig kennzeichnen sie außerdem die Hauptlagen der A Bluestone Leiter, die jedem Gitarristen populärer Spielart geläufig sind ( Schuld war nur der Bonamassa, äh Bossa Nova..., ach, vergessen Sie das!).
Auch der 23 Bundhals mit der gibsontypischen 625mm Mensur ist für die damalige Zeit ein Novum. Fender hatte lediglich 21 Bünde auf seinen Gitarren und Gibson 22. Obendrein war der Hals selbst für SG īs sehr dünn und dürfte ungefähr die Maße der heutigen Ibanez Jem/RG Gitarren haben. Mit den SG Hälsen selbst, tut sich Gibson übrigens sehr schwer, da sie ohnehin schon dünn, kaum die Saitenspannung halten konnten und deshalb zu wenig Stimmstabilität neigten. In Fachkreisen nennt man das auch "Spaghettihals". Carlos Santana hatte, nach Woodstock, wegen exakt diesem Problem seine SG gegen die Wand geschmissen. Bei der Phönix ist davon auszugehen, dass der innenliegende Stahlstab und das sehr harte Ebenholzgriffbrett dem entgegen wirken. Außerdem ist der von Zappa bevorzugte Saitensatz ja auch nicht so stark bemessen.
Den Industriestandart von 24 Bünden, also 2 Oktaven pro Saite, brachten erst die 80er mit PRS (Santana), Steinberger und Ibanez (Steve Vai Jem). Das die Verwendung von Ebenholz, als Griffbrettmaterial, ebenfalls nonkonform ist, sei hier auch erwähnt. Bei Gibson bekamen nur die noblen, teuren Custom Modelle diese Griffbretter. Alle anderen begnügten sich mit dem ebenfalls recht attraktivem Rosewood (Palisander), in Ausnahmen kam in den 70ern auch Ahorn zur Verwendung (igitt!).
Wir sind nun beim Korpus angekommen, der natürlich auf dem ersten Blick eine 1:1 Kopie ist und erst später seine Unterschiede preisgibt.
Ausgangsbasis ist ein Mahagonikorpus, in dem ein Fremdholz eingesetzt ist. Das erkennt man an verschiedenen Merkmalen:
1. Der Korpus weist ab dem Bodyrand eine Rundumbindung auf.
2. Das innerhalb des Bindings zu sehende Holz, weist eine ungewöhnlich starke Maserung und Zeichnung auf, so das wir Mahagoni ausschließen können.
Rainer Tausch und ich gehen davon aus, dass entweder Spalted Maple oder Koa verwendet wurde. Beide Holzarten weisen diese Maserungsart auf, aber mit Bestimmtheit könnten wir das erst sagen, wenn wir die Gitarren in der Hand hätten.
Spalted Marple und Koa werden übrigens bei edlen Custom Gitarren wie Alembic oder Pensa Suhr verwendet.
Koa, das aus Hawai kommt, findet sich auch auf den Doug Irwin Gitarren von Jerry Garcia (Grateful Dead), oder der Ibanez Voyager von Reb Beach. Reb Beach bevorzugt dieses Holz auch bei seinen aktuellen Suhr Strats. Aber zurück zur Gitarre.
Schwarze Flecken am oberen Horn lassen darauf schließen, dass sich das Binding mit der Zeit aus der Naht drückte und Roadguitartypisch mit Gaffatape wieder fixiert wurde. Die unübersehbaren schwarzen Lackreste an der Saitenaufhängung erwecken allerdings den Anschein, dass die Gitarre innerhalb des Bindings schwarz lackiert war. Die Form der Farbreste liefern den Beweis, dass die SG vorher ein Gibson Vibrola Vibrato hatte. Das Schlagbrett unterhalb der Tonabnehmer ist ein verspiegeltes Exemplar, darum ist die SG im Zappaumfeld auch als "Mirror Pickguard SG" bekannt! Übrigens, oberhalb des Halspickups befindet sich eine, von Zappas Plektren, abgeschabte Stelle, an der das Holz "hell" durchscheint. Dieses läßt wiederum auf Spalted Maple schließen, meint Rainer Tausch, denn Koa ist in der Farbgebung dem rötlich, dunklem Mahagoni verwandt. Da die Bodyrückseite durchgehend aus Mahagoni gefertigt wurde, gehen wir davon aus, dass der Spalted Maple/Koa Kern in einer gewissen Stärke eingefügt, der Body also ausgehöhlt wurde. Ein Photofinishtapete bzw. Furnier schließen wir hier aus. Diese "Veredelungstechnik" im Instrumentenbau ist offiziell seit den späten 80ern bekannt!

Der Klang dieser Gitarre ist einerseits natürlich bestens dokumentiert und SG typisch, andererseits auch wieder nicht.
Dazu ein Zitat von Steve Vai: "Alle von Frank s Gitarren waren Monster, sie konnten alles an Tönen hervorbringen, was du dir vorstellen kannst!"
SG typisch ist übrigens, dass die Vertreter dieser Spezies, infolge des Vollmahagonikonzeptes, wenig spritzig klingen, dafür drücken sie aber enorm die Mitten. Höhen sind nicht so ihr Ding. Von muffig kann aber nicht die Rede sein, eher ein bißchen belegt. Auch hier hat das Ebenholzgriffbrett einen entscheidenden Einfluß, denn aufgrund der Tatsache das es ein Hartholz ist, fügt es dem Ton die benötigten Höhen zu.
Die ganze tonale Schönheit der SG ist auf den Frank Zappa Platten von 1976 bis 80 zu hören. Herausragend sind hier: Shut up `n play yer Guitar, Sheik Yerbuti, Joe īs Garage und Zoot Allures. Die gewählte Zeitspanne bezieht sich auf die Aufnahmedaten.
FZ/OZ": Kam ja erst neulich raus, ist aber von vorne bis hinten Phönix SG."

Werfen wir nun einen Blick auf die Elektronik. Selbstverständlich ist diese, Zappatypisch, alles andere als normal und sieht nur auf den ersten Blick konventionell aus. Natürlich sind die beiden Tonabnehmer Humbucker, die rein äußerlich den, von Seth Lovor 1957 entwickelten, Gibsonhumbuckern mit Nickelcover ähneln. Tatsächlich aber handelt es sich um einen Di Marzio Super Distortion (Bridge) und einen EMG (Neck), die selbstredend von Zappa īs Technikern auseinandergenommen und neu gewickelt wurden. Beide Tonabnehmer liefern einen sehr hohen Output, das aber bei einem sehr geringem Nebengeräuschpegel. In Zusammenarbeit mit der aktiven Elektronik also ordentliche Powertiere.

Die Klangregelung, auf die wir jetzt kommen, ist ein Kunstwerk für sich. Natürlich sind hier die üblichen Potis geblieben, also 2 Tone, 2 Volume und ein 3 Way Toggleswitsch. Zusätzlich sind in den Zwischenräumen der Potis noch vier Switches untergebracht und neben dem 3 Way Toggle befindet sich ein weiterer 3 Way Toggle. Diese werden wohl Schaltungen ala "Out of Phase, Singlecoil usw. verwalten. Bei "Out of Phase" werden die Tonabnehmerspulen übrigens gegenphasig geschaltet. Gewisse Klangbeispiele Zappa īs lassen obendrein darauf schließen, dass er auch auf ein lineares Signal schalten konnte. Eine Technik, die in den 80ern vom Pickuphersteller Ultrasonic aufgegriffen wurde und keinen großen Anklang fand. Ebenfalls geschaltet wurde der "Greenringer", der, wahrscheinlich über den Schalter mit der grünen Kappe, aktiviert wurde. Er ist genau genommen ein Ringmodulator, der dem Originalsignal ein unharmonisches Signal hinzufügt.
Fakt ist jedoch, dass auch "The Q" mit an Bord ist, mit dem Frank die Frequenzen auswählte, um Rückkopplungen zu erzielen. Frank hatte in seinem Rack zwar einen Electro Harmonizer Bigg Muff Pi und/ oder einen Proco Rat, benutzte aber meistens "The Q" für die Soli. So konnte er sich auch den Raumakkustiken anpassen um ein gutes Tonergebnis zu erlangen!
Ein gutes Beispiel ist das Solo von "Yo Mama" (Sheik Yerbouti), in dem Frank īs Ton nahezu clean ist aber trotzdem harmonisch umkippt und rückkoppelt. Im Gegensatz dazu, ist das "Black Napkins" Solo (Zoot Alures) das die volle süßliche Zerre des Big Muff Pi offenbart.

Nun aber wieder zurück zur Gitarre!
Die letzte Abweichung von einer normalen SG ist die klobige, überdimensionierte Bridge, die es damals wie heute als Replacmentpart u. a. bei Warmoth gibt. Nachgesagt wird dieser Konstruktion eine größere Sustaineigenschaft und bessere Verteilung des Tons.
Das war in den 70ern eine Wissenschaft für sich. Schecter, Alembic und etliche andere Edelschmieden verwendeten Brücken und Sättel aus Messing. Ganz Gewagte schoben auch Messingzylinder in dafür vorgesehene Korpusöffnungen. Sinn und Zweck dieser Aktionen sind natürlich, wie alles, strittig.
Bespannt war die Phönix anfangs mit Ernie Ball 0,08 - 0,42 Saiten, nach der Europatournee 1977, mit Maxima Goldstrings gleicher Stärke, aus deutscher Fertigung.

Soviel also zur meistgespielten Gitarre des Herrn Zappa.

Nach Zappa īs Abschied von der Bühne, ging die SG in Dweezil īs Besitz über, der seinerseits die Gitarre stark modifizierte. Die Pickups wurden durch Seymour Duncan īs ersetzt. Custom am Steg und 59 am Hals, beide offene Zebras. Die Bridge wurde durch eine Tune o` Matic ersetzt.
Das klingt vielleicht nach Frevelei, aber Zappa senior verfuhr mit der Hendrix Strat auch nicht anders. Typisch Zappa, also! In einem Gitarrenspecial mit Dweezil im Fachblatt Musikmagazin, anfangs der 90er, demonstrierte er außerdem, dass er von Daddy īs Klampfen nicht so wirklich Ahnung hatte und zeigte sich herrlich ignorant.

Sollte Gibson also die Phönix SG als Signature auflegen, müßten alle aufgeführten Merkmale vertreten sein und der Preis in etwa der Jimmy Page No 1 Les Paul entsprechen, also im Rahmen zwischen 7000 € und 12000 €!
Das ist sicherlich īne Stange Geld, aber zum Glück gibt es ja viele Alternativen. Sei es nun eine Gibson oder Epiphone SG, die man halt selbst Zappalike verändert. Oder man bezahlt einen namhaften Gitarrenbauer, der Ihnen dann höchstselbst ein Unikat herstellt.
Der Rainer, also der Herr Tausch, hat mit Sicherheit ein offenes Ohr dafür! Andererseits kann man davon ausgehen, dass Gibson außer einer Custom Shop Fassung auch eine Serienausgabe vorlegt und desweiteren einen Epiphoneableger ins Auge fasst. Bei Zakk Wylde und Ace Frehley ging man diesen Weg ja auch.
Sollte die Phönix in den Handel kommen, werde ich hier natürlich einen eingehenden Text vorlegen. Versprochen!!!
Leider ist bis zum jetzigen Zeitpunkt von Gibsonseite weder auf deren Websites noch in Zeitschriftenwerbungen etwas bekannt geworden. Mit Letzteren tut man sich in USA eh schwer. Sollte dieses Ereignis also ausstehen, muß man die Schuld nicht bei den "Zappa īs" suchen, denn mit der Vermarktung ihrer Produkte hatten sie seit jeher nicht gerade ein glückliches Händchen. Und leider, leider, leider ist Frank īs Bekanntheitsgrad und damit sein Vermarktungswert niedriger, als der so mancher Heiopeis, die die Welt in Castingshows heimsuchen!

Danke:
Bedanken möchte ich mich hier bei Rainer Tausch (ich hab da īne Idee für īne Custom Gitarre) und meinem wundervollen Lektor Lutz! Liebe ist tiefer als das Meer!

Ich möchte nachdrücklich darauf hinweisen, dass Kai Rothfuchs (Ex Sheik Yerbouti) mit einer normalen SG den Zappaton hinbekam! Dafür auch dir, Kai, großen Dank, wo immer du gerade bist.

Autoren: Michael KrAMPe und Reiner Tausch




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