Yes "Keys to Ascension" (Proper Music, VÖ: 06.09.2010)

Als Yes 1996 ihre erste 2CD "Keys To Ascension" veröffentlichten, war die Aufregung groß. Jon Anderson, Chris Squire, Steve Howe, Rick Wakeman und Alan White nach 18 Jahren unter dem Yes-Banner wiedervereint, die letzte gemeinsame Platte war "Tormato" 1978 gewesen, mal abgesehen vom 1991er "Union", das diese und weitere einst in der Band aktive Musiker in achtköpfiger Besetzung (samt weiterer Gastmusiker) zusammen brachte.
Und was macht eine Band, die einst großartige Progressive Rock Klassiker produziert hatte und dafür weltweit gehört und geliebt wird? Sie spielt ihre Klassiker live. Sieben Songs bewiesen, dass die Band es immer noch drauf hatte und nach dem Pop-Jahrzehnt der 80er wieder vom unsäglichsten Kitsch weg gefunden hatte. Mit dabei "The Revealing Science Of God" und "America", beide nicht Live-Konserven-Standard und gut anzuhören. Die Band beweist Energie, wenn alles auch etwas dezenter und gemäßigter abgeht, als in der wilden alten Zeit. Die beiden langen Studiotracks am Ende zeigen, welche Richtung Yes einzuschlagen gedachten. Und obschon "Be The One" (9:50) und "That, That Is" (19:14) nicht unbedingte Großtaten sind, können die beiden zwischen ambitioniertem Rock und relativ komplex aufgebautem Progressive Rock arrangierten Langrillen doch einen ganz ordentlichen Eindruck hinterlassen.
Im gleichen Jahr legten Yes unter gleichem Namen eine DVD auf, die alle Livetracks der beiden CDs enthielten, sowie weitere Klassiker - die bald darauf als "Keys To Ascension 2" auf einer weiteren 2CD veröffentlicht wurden, die 6 Livetracks und 5 neue Studiosongs enthielt.
Die Bildqualität der DVD-Aufzeichnung ist ganz ordentlich, wenn nach heutigem Standard auch fast schon schlimm: Unschärfen, schlaffe Kamerafahrten, starre Bildschnitte, dazu die kaum in der Band kommunizierenden und sich mit ihren Instrumenten abgrenzenden Musiker - schön, die Band mal wieder live und in Farbe konserviert zu sehen, (und es wäre passabel, Yessongs wenigstens in dieser Qualität sehen und hören zu können - - -) aber umwerfend ist die Show nicht. Immerhin überzeugt die Umsetzung der Songs, Gesichtsfalten und Körperschwere einiger der Musiker lassen Mitgefühl entstehen, so dass die Show als gelungen durchgehen kann, welche zweite der größten Progressive Rockbands der klassischen Phase hat sich das angetan, ewiglange Songs aus ihrer Vergangenheit erneut aufs Tapet zu bringen und sich durch die komplexen Arrangements zu quälen?!?
Auf "Keys to Ascension 2" macht vor allem "Close To The Edge" eine gute Figur, das grandiose Werk scheint den Herren locker aus den Fingern zu laufen. Während härtere Stücke wie auf "Keys To Ascension 1" nur in der technischen Umsetzung an ihre Originale anschließen können, an Knackfrische und Deftigkeit aber deutlich zu wünschen übriglassen.
Die neuen Studiotracks fangen mit der längsten Nummer an und hören mit der kürzesten auf. Die ganz ansprechenden Songs können es mit den Klassikern der Band nicht ansatzweise aufnehmen, hören sich heute, nach wiederum 14 Jahren, ganz passabel an.
Die 1995er Reunion-Tour-Aufnahmen samt der neuen Songs wird nun in 5-Disk-Box neu aufgelegt, alles Material zusammen, die DVD und 4 CDs. Bonus ist nicht enthalten. Die fünffach aufklappbare und CD-große Box ist im Yes-typischen Roger Dean-Stil gehalten, die CDs sehen fast identisch zu den Originalen von vor 14 Jahren aus. Ist so, als würde "Relayer" 1988 neu aufgelegt werden, oder "Close To The Edge" 1986. "Keys To Ascension" gehören zu den Spätalben in Yes Bandgeschichte, und auch sie sind schon wieder alt. Als Box (ohne dickes Booklet, das auf 6 der 8 Seiten technische und Songinformationen enthält und sonst Roger Dean huldigt) macht die Produktion einen ansprechenden Eindruck, wer die alten Auflagen besitzt, braucht sich um diese neue nicht zu bekümmern - und wer neuer Yes-Fan werden will, sei auf die Klassiker der Band verwiesen. Für Leute, die nur einen Überblick brauchen (oder alles sammeln) und die viel Material für wenig Geld bekommen wollen, ist die Box perfekt.

yesworld.com
VM



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