Us "Reflections" (Eigenproduktion 2007)

Das jüngste Werk der amerikanischen Retroprogger Us zeigt bereits auf dem Cover eine fatale Blässe. Zudem eine Unschärfe, die sich in der Musik auf der CD fortsetzt. Von den 6 Songs auf "Reflections", das 64 Minuten lang ist, gibt es drei Longtracks - das Problem des Progressive Rock scheint zu sein, dass lange Tracks Pflicht sind. So schön epische Werke von Yes, King Crimson und ähnlichen Klassikern sind, so wenig sind es die auf Länge getrimmten Versuche neuerer Bands.
Us' Arrangements sind leicht zu entschlüsseln. Akustische Gitarren, verwobene Keyboardsounds, fetter (und exzellent gespielter) Yes-Bass, komplexes, aber blasses Schlagzeugspiel (viel zu seicht in den Hintergrund gemixt, was Knackigkeit und Rockhärte konsequent zurückfährt), die sanften Stimmchen der Gebrüder Wemars und hart einfallende Gitarren, sobald die Stimmung steigt,weben recht harmlose Melodiemuster zu langen Minuten zusammen. Das hat eine gewisse nervöse Unruhe, und viel psychedelisches Flair. Vor allem die seltsam gemixten Keyboardsounds, teilweise als Tapete ins Off gemixt, dann wieder extrem dicht und fett im Vordergrund, erweisen sich als tapsige, unfertige Überschwere. Alles spricht dafür, dass Us äußerst laienhaft an ihre durchaus interessanten Ideen gegangen sind.
"Through Hell And High Water", abschließendes 18-minütiges Stück, ist am wenigsten gut getroffen. Sphärische, wässrige Keyboardsounds, fürchterlich blasse Perkussion, sehr interessante Gesangslinien, die durch die dünnen Gesangstimmen, die zudem gedoppelt sind, einfach nicht klingen und der gewiss ungewollt chaotisch, unausgewogen und unsortiert klingende Mix machen zusammen einen überaus anstrengenden, vermasselten Eindruck. Hört sich an, als wollte eine Psychedelic Band den Prog-Fans klarmachen, was man alles falsch machen kann. Aus diesem Gedanken betrachtet, ist "Reflections" geradezu ein Meisterwerk.
Eine Mathematik-Aufgabe: Ein Prog-Fan, der täglich 9 Stunden seiner Arbeit nachgeht, 7 Stunden schläft, seine Wohnung und sich selbst versorgen muss und zumindest 2 Stunden weiterer Hausarbeit beziehungsweise Interessen nachgeht, hat a) wieviele Stunden Zeit am Tag, sich seiner Liebe zur Musik zuwidmen? b) wieviele Stunden Zeit im Jahr (unter Beachtung freier Tage, des Urlaubs sowie der Wochenenden sowie weiterer Interessen [15%])?
Der Prog-Fan ist 34 Jahre alt, sammelt seit 18 Jahren CDs und kauft pro Monat 5 CDs für seine Sammlung. a) Wieviele CDs hat der Proband in seiner Sammlung? Gesetzt den theoretischen Fall, er hört jeden Tag von 0 bis 24 Uhr ausnahms- und pausenlos diese CDs (mit statistischer Durchschnittslänge von 48 Minuten), angenommen vom 1. Januar an, bis zu welchem Tag und welcher Stunde würde er Zeit verbrauchen, um seine Sammlung einmal komplett durchzuhören? Was bedeutet dies in Bezug auf Aufgabe 1, wie lange braucht der Prog-Fan, wenn die berechnete Zeit des Tages begrenzt ist? Wieviele Jahre braucht er dann, seine Sammlung komplett durchzuhören? Wie häufig kann er seine ihm liebste CD hören?

the-music-of-us.com
VM



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