Unloved "Pay One Bliss With Another" (Kick The Flame / Broken Silence 2015)


Da ist man der Meinung, man habe schon so ziemlich alles, was möglich ist, an musikalischen Mixturen gehört und kriegt prompt die Grenzen seiner Imaginationsfähigkeit gespiegelt. "So etwas gibt es nicht, denn das ich kann mir nicht vorstellen", so lautet eine gängige Äußerung in diesem Kontext, doch weder die Kunst noch die Intrige macht an der Grenze des Vorstellungsvermögens des gemeinen Homo sapiens sapiens halt. Man kann in der Tat nicht alles haben - Freiheit ist beispielsweise nicht gegen Sicherheit austauschbar, denn nur eines ist absolut sicher, nämlich dass es keine absolute Sicherheit gibt, auch dann nicht, wenn man dafür seine Freiheit komplett aufgegeben hat und sich im Würgegriff ordnungsliebender Zeitgenossen befindet. Wie formulierte dies Benjamin Franklin einst so trefflich: "Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren." Shya (Gesang), Mr (Gitarre) Tschacke (Bass) und Clemens (Schlagzeug) legen sich jedenfalls mächtig ins Zeug, dem Hörer eine akustische "hallo Wach"-Watschen - gebt den Feigen was auf die Ohren - zu verpassen, die er so schnell nicht vergisst, was in vollem Umfang gelingt. Der Sound von Unloved ist durch luftig-brachiale Arrangements aus pulsierenden Metren und sphärischen Intermezzi gediegen, aber nicht in klassischen Sinne lieblich zu bezeichnen, obwohl Shyas Stimme oftmals samten rüberkommt und zu den wandlungsfähigsten gehört, die ich kenne. Genauso verhält es sich mit dem Härtegrad dieser akustischen Damokles-Schwerter, der zwischen Heavy Metal, Prog Rock, Singer/Songwriter, Jazz, Triphop, Electro und Avantgarde schwelgt und dabei aus vollen Küblen schöpft - Schwerter zu Schöpflöffeln! Nerd-Schwingungen zwischen Herd-EN-Trieb und Erd-AB-Rieb, wobei die Texte hinter der Originalität der Musik keineswegs zurückstehen. Stücke wie "Really Soon Now" erweisen sich als tonale Gespinste, in welchen sich der (nach vorne) geneigte Hörer leicht verfängt, weil er deren seidig glänzende Fäden nicht wahrnehmen kann. Stolpert er in Konsequenz dessen und lässt sich ohne Angst fallen, sinkt er in eine interdimensionale Hängematte aus verschiedensten Klangfarben, die sich als äußerst tragfähig erweist. Hang loose!!!

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Frank Bender




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