Unexpect "Fables Of The Sleepless Empire" (Factor, VÖ: 07.10.2011)

Sie sind nicht die erste durchgeknallte Metalcombo, aber eine der besten. Nicht erst das 2006er "in a flesh aquarium", aber ganz besonders dieses Album machte eine mögliche Weite auf, die selten so intensiv und gleichzeitig erfolgreich zelebriert wird. Vermutlich liegt der Erfolg der Band aus dem kanadischen Montreal auch darin, dass die anspruchsvollen und gleichzeitig harten Musikszenen älter werden und zusammenwachsen. (Death) Metal, Progressive Rock (mit seinem vielfachen Rattenschwanz), Jazz, Pop, Avantgarde und der gute Rest sind sich näher als gedacht und besser dran, wenn sie sich gegenseitig befruchten. So wachsen die Stile von einer Generation in die nächste und wo die einen selige Sanftheit intonieren, da brüllkreischen die Verrückten ihre Extremkunst ins belämmert begeisterte Publikum, das sich freut, diese Zeiten erleben zu dürfen und nicht im Mittelalter zu sitzen, wo Schwerter gern in menschlichen Wänsten große Zerstörung anrichteten.
syriaK (g, voc), Artagoth (g, voc), Barboën (vi), Chaoth (9 string b), Leïlindel (voc) und Landryx (dr) könnten zwar glatt aus dem Mittelalter stammen, wie sie so aussehen, doch statt Schwertern haben sie Songs und Instrumente. Und wie es scheint, hat ein jedes Bandenmitglied auch so seine ganz persönlichen stilistischen Vorstellungen, die vereint verrückt in sich verschroben und verschränkt sind und einen sehr kreativen, wilden, zugleich wirren und fast überfordernden und kaum ohne zigfaches Hören verständlichen Sound geboren haben. Von Klassik über Folk, Zirkusmusik, alle Arten Metal und Progressive Rock über Jazz, Avantgarde, Mathcore, Krach aka Noise, Stille aka Ambient und alles weitere Artverwandte, das nicht weggeflutscht ist, als die Band die Bühne betrat, sind hier heiß eingekocht und gut gewürzt verschmolzen.
Death Metal Growls und Sirenengesang übernahmen die Lyrics, deren Verse mir gerade nicht bekannt sind, die aber gewiss von Spaziergängen mit den Eltern berichten, von den Blumen im Garten und der Fröhlichkeit und Menschlichkeit im Einkaufszentrum.
Die Arrangements sind höllisch komplex, zudem mit Noise zugedröhnt, so dass viel Hören notwendig ist, alle Parts nachvollziehen zu können. "Fables Of The Sleepless Empire" ist kein One Hearing Open. Vermutlich werden Prog-Gewohnte den leichtesten Zugang zum ultraschweren Sound haben, die gern mal in der Avantgarde fischen und auch vor dem Donnerdruck metallischer Härte nicht zurückschrecken. Hardcore-Gewohnte werden sich an die Komplexschwere des verrückten Stereosounds gewöhnen müssen, Metaller an das viele verrückte Zeugs, das stets um die Ohren fliegt und alle Sinne verwirrt.
Unexpect haben es gut, sie sind etabliert und anerkannt. Sie haben Festivals hoch und runter gespielt, der Bandname liegt wie ein guter Tropfen auf der Zunge und bekannte Musiker wie etwa Mike Portnoy mögen die Truppe nicht nur, sondern sagen dies auch öffentlich. Der positive Effekt möge auf die gesamte Szene überschwappen, so dass mehr Bands dieses Verrücktheitsgrades Möglichkeit haben, ihre wahnwitzige Idee zu zelebrieren, ohne Angst zu haben, damit allein in der Wüste zu stehen.
Macht Laune, ist unterhaltsam, zieht die Konzentration mag(net)isch an, überfordert, bannt, macht süchtig.

unexpect.com

VM




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