Underkarl "Homo Ludens" (rent a dog, 31.08.2012)

Die Mainstream-Gazette 'Rolling Stone' meint: "selten seit Zappa waren Anarchie und Disziplin, Ohrwurm und Schrilles, Jazz und Rock so stimmig vereint wie bei Underkarl, der 5-Mann-Bigband…" Underkarl sind gewiss eine charmante, dezent anarchische Electric Jazzband mit Witz und Schmackes. Zappa als Vergleich zu bemühen, bedeutet indes, dass der Verfasser der Zeilen seine Nase noch nie vom Mainstream-Pfad genommen hat oder einfach nur doofen Quatsch faselt, um Zeilen zu schustern (so machen wir das hier bei Ragazzi!).
12 eher bis ganz kurze Songs sind auf "Home Ludens" zu finden. Erwachsen nüchterne Tracks, technisch feinstens gespielt und lebendig interpretiert, immer wieder kleine witzige bis experimentelle Ideen einbringend, ohne größere instrumentale Finessen aufs Tableau zu hiefen. Alle Beteiligten sind mit Herz und Handwerk bei der Sache, besonders gut gefällt mir, was Sebastian Gramss aus seinem Kontrabass holt - und wie gut der Sound seines Instrumentes eingefangen ist. Die Bläser Rudi Mahall (b-cl) und Lömsch Lehmann (ts, cl) arbeiten sehr zurückhaltend, sanft und gezügelt, das richtige, gebildete Publikum anzusprechen, das abends ins Konzert geht und niveauvoll unterhalten sein will. Nicht ohne Ironie und Schabernack stapeln sie ihren Anteil ein, kernig und witzig unterfüttert von Frank Wingold, der weniger spürbar Gitarre als auffälliger Plattenspieler spielt und letzteres sehr gut tut. Noch gebremster und ins Niveau gebracht erscheint der technisch brillante Dirk Peter Kölsch am Schlagzeug, der, so scheint es, nebenbei in einer Brutalmetalcombo arbeiten muss, um sich auszutoben, so wenig darf er hier. Wenn aber, er und Sebastian Gramss und die ganze Band zu strömend fließendem Jazz ausholen, wie etwa im viel zu kurzen "sdölk" gleich zu Beginn, dann perlen die Moleküle und rasen die Enzyme. Perfetto dies!
Überwiegend harmlos indes geht es weiter, mal flott und vital schicke nette Jazzbrötchen mit rauem Charme anbietend, deren feinster Ansatz die herzhafte Rhythmusabteilung ist (schon immer noch wieder!), ach, die Bläser ackern ebenso gut. Ist so'n Ding mit dem Erwachsenwerden und Geldverdienen, blödes System. Ob sie wilder und radikaler braten würden, wollten sie nicht erwachsen-klugen Anzugjazz machen (der, doch, immer Idee und Schrägseite, ach was, hat)?
Wie würde Mr. Freakshow "Homo Ludens" nennen: Feuilleton-Jazz.
Ach was again, nettes Album!

underkarl.de
VM





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