The Underground Railroad "The Origin of Consciousness" (Eigenproduktion 2005)

Die Jungs haben sich Thinking Plague angehört! Und nebenher Canterbury Rock, Gentle Giant, King Crimson, Mike Keneally und Genesis. Wenn man dem noch eine Spur Jazzrock hinzufügt und den Schalter auf "volle Kraft auf Komplexität" stellt, hat man schon eine Ahnung, was "The Origin of Consciousness" birgt.
In Texas vermutet man ja eher keinen Progressive Rock, schon gar nicht in von dieser heftigen Schwere. Und doch gibt es auch in dem erzkonservativen US Bundesstatt progressive Geister.
Bill Pohl (g, b, voc) und Kurt Rongey (key, voc), die Begründer von The Underground Railroad, hatten seit Anfang der 90er unter ihren eigenen Namen CDs veröffentlicht. Bill Pohl hatte Jazzrock gespielt, Kurt Rongey symphonische Rockmusik. Ende 1995 gründeten die beiden dann The Underground Railroad. John Livingston (dr, Bill Pohl Band) kam 1997 in die Band, Matt Hembree (b, Bindle, Drunken Monkey, Goodwin) kurze Zeit später.
Laser's Edge veröffentlichte 1999 das tolle Debüt "Through and Through"", das die Band weltweit bekannt machte. 2001 spielten The Underground Railroad auf dem NEARFest, 2002 auf dem ersten Cattleprog Event.
"The Origin of Consciousness" ist die 2. CD der Band. Bereits im September 2003 begannen die Aufnahmen. Im Februar 2005 waren die Arbeiten an den 8 Songs abgeschlossen.
Eine knappe Stunde Musik präsentieren The Underground Railroad. Die Songs sind eigenwilliger, schwer komplexer Progressive Rock; symphonisch, heavy, abgefahren und avantgardistisch, hinreißend komponiert und einfach toll anzuhören. Das Quartett erfindet das Rad nicht neu, aber es findet eine eigene Definition von Speichen und Felge.
Schon Opener "Julian Ur" zeigt, wie man Dynamik unterdrücken kann, um sie später geballt umso kraftvoller und wilder abzuschießen. Die leisen Harmonien und die diversen mordsheftigen Ausbrüche sind unnachahmlich und begnadet verzahnt. Als würden Gentle Giant (1972), Mike Keneally (1997) und Genesis (1973) einen gemeinsamen Nenner gefunden haben und mit Erstaunen das virtuose Geschehen der Zähler entwerfen.
Schon im zweiten Track "Julian I" zeigt sich der Thinking Plague Einfluss. Die melodische Extravaganz, die rhythmischen Brüche, die abrupten Harmoniefolgen - Gott, ist es schön, Ohren zu haben!!!
Diese hohe Qualität setzt sich in allen Songs fort. Keineswegs sind The Underground Railroad dabei ihren Einflüssen zu dicht auf den Fersen, die sind zumeist eher zu ahnen, und schon gar nicht im Klang der Instrumente oder in typischen Harmonien auszumachen. Solcher Art gibt es auf "The Origin of Consciousness" nicht.
Kurt Rongey fällt vor allem mit fabelhaftem Pianospiel auf, während er die elektrischen Keyboards weniger solistisch, mehr harmonisch einsetzt. Bill Pohl spielt die ausgefallendsten Soli. Wie lange mag es gedauert haben, bis ihm diese melodisch so untypischen und damit besonders interessanten Soli eingefallen sind?
John Livingston und Matt Hembree sind nicht nur Backingband, diesen Job machen sie mit Bravour und Verve und kerniger, knackiger Frische. Sie legen sich auch melodisch schwer ins Zeug und lassen so manche Passage in den langen Songs im Zusammenspiel des kompletten Quartettes zu wilden und schwer genialen Orgien werden, die tief eingehen. Noch einmal, die Jungs haben es absolut drauf!
Viel Inspiration birgt "The Origin of Consciousness". Die große Leistung braucht eine unbedingte Empfehlung. Das riecht schwer nach dem Album des Jahres, knapp von Talisma gefolgt.

theundergroundrailroad.net
justforkicks.de
VM



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