Tusen Ar Under Jord "Sorgsendömet Fobos" (Trollmusic 2015)


Meditative Mahlströme mäandern Jahrtausende im Untergrund unseres Bewusstseins und erreichen seit wenigen Jahrzehnten vermehrt dessen Oberfläche, um dort in nachhaltiger Weise ihre Wirkung zu entfalten. Das globale Geflecht aus grassierenden Gerüchten bricht unter einer Welle aufkeimenden Erwachens langsam aber sicher zusammen, auch wenn wir wieder und wieder von den Auswirkungen dieser Gerüchte überschwemmt werden. Das entstehende Ich-Bewusstsein transzendiert schließlich, begünstigt durch kosmische Einflüsse, in für unsensible Menschen unmerklicher Stetigkeit zu einem Kollektiv-Bewusstsein, das in Überwindung eines ungezügelten Solipsismus und weiterhin des Kantschen kategorischen Imperativs, der interdependenten Variante des Utilitarismus, das große Ganze im Blick hat. Das Ego, dessen sich hinterhältige Wesen seit Äonen in manipulativer Absicht bedien(t)en, hat ausgespielt und die Maske (= Persona) des menschlichen Larvenstadiums fällt, um einem bereits von den weisen Alten imagoniertem Philanthropismus und Altruismus Platz zu machen, ohne dabei die jeweilige Individualität aufzugeben. Den Soundtrack zur klanglichen Untermalung dieses Prozesses liefert der Schwede Daniel Jonsson, der bis auf das Mastering dieses Albums (Peter Andersson), das einst als Kassettenversion erschienen war, alles selbst gemacht hat. Das in sechs Teile gegliederte Werk - Teil sechs ist ein Bonustrack, der auf der Kassettenversion nicht enthalten war; die Zeit war damals vermutlich noch nicht reif dafür - beginnt mit der Geburtsstunde des Bewusstseins und schlängelt sich wie Bedrich Smetanas "Moldau" durch allerlei Ver- und Entwicklungen des Seins, um allmählich seinen dräuenden Unheils-Charakter zu verlieren. Das anfängliche Grau (Tao) entmischt sich in Schwarz (Yin) und Weiß (Yang), wobei sich daraus resultierend eine dem Yang immanente Durchlichtung ereignet, die nur in seiner reinen Form zum Ausdruck kommt, wobei sämtliche bunten Farben entstehen, die ihrerseits die zehntausend Dinge erzeugen, die wiederum vom Kelch des Yin aufgefangen werden. Orchestrale Klangfarben gepaart mit speziell für die Aufnahmen generierten Geräuschen und Field Recordings ergeben ein Amalgam, das zwischen Ambient sowie gloomy Doom changiert; auch durch das Wechselspiel von opulenten und minimalistischen Strukturen kommt das Prinzip "contraria sunt complementa" im Verlauf von "Sorgsendömet Fobos" zum Ausdruck. Gleich dem Zauberlehrling der bekannten Komposition von Paul Dukas wird aus dem Geschöpf erst durch mannigfaltige Irrungen und Wirrungen selbst ein Schöpfer (Homo creator), welcher es zwar schon immer war, ihm dieses inhärente Potential aber zunächst nicht bewusst werden konnte, weil eine Pseudo-Elite ihm dieses Herrschaftswissen vorenthielt, um ihn zu knechten. Deshalb wurden immer neue Märchen erfunden, wozu diverse Religionen oder auch der Sozialismus zählen; bei genauer Betrachtung nur ein scheinbarer Widerspruch. Die Gleichmacherei und Elitenfeindlichkeit der Pseudo-Elite fußt auf einer gewaltigen Angst vor "unliebsamer" Konkurrenz, allerdings steht außer Zweifel, wer in diesem Kontext die tatsächlich Un-Lieb-Samen sind. Nach der Direktive "das Gegenteil ist wahr" lohnt sich eine genaue Analyse (verbunden mit Wissen und daraus resultierend mit Meta-Wissen) der Zustände, um den Dingen auf den Grund gehen zu können - Platons Höhle ist die Hölle!!! Der Hölle der Unbewusstheit enteilt muss eine Reflexion (verbunden mit Nach- und daraus resultierend mit Vor-Denken) erfolgen, um die vermeintlichen Gegensätze auflösen zu können. Meines Erachtens schafft Daniel Jonsson mit diesem Album, was einem Alexander Nikolajewitsch Skrjabin einst aufgrund seines frühen Todes verwehrt blieb, nämlich die Schaffung eines tonalen Mysteriums, welches zwar nicht multisensorisch angelegt ist, aber dennoch einen direkten Widerhall beim Rezipienten auslöst - summa cum laude!!!

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Frank Bender



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