Treacle People "Treacle People" (World In Sound, VÖ: 20.01.2006)

Das erste Mal sah ich Treacle People live im Würzburger "Immerhin". Der Club war extrem klein, die Bühne kaum zwei x zwei Meter groß und die Band tobte sich genüsslich aus. Den stärksten Eindruck machte Keyboarder Winfried Eckhart Rimbach-Sator auf mich, der mit seiner dunklen Lockenmähne wie Vincent Crane von Atomic Rooster aussah und sich an der Hammondorgel ebenso ins Zeug legte. Peter Bartsch (g), Robert Maaß (b) und Paul Klingler (dr) gingen in der Ecke etwas unter, versteckt zwischen Verstärkern und den direkt vor ihnen stehenden Gästen war von weit hinten kaum auszumachen, wer sie waren. Doch Frontmann Josh Maccoy (voc) war nicht zu übersehen. Er stieß mit dem Kopf fast an die niedrige Decke und vermochte es, mit seinem kraftvollen Organ die Meute im Griff zu halten.
Die Meute verlangte begeistert und euphorisch nach Zugaben, Charlie Heidenreich stand in der ersten Reihe und brüllte: "einen Zwanzigminutenstück" und die Band ließ sich nicht lumpen und zog mit einigen Covertracks (In A Gadda Da Vida, Black Night) nach. Das war 2005 und Treacle People kündigten ihr Debütalbum an. Im Januar 2006 wurde es bei World In Sound veröffentlicht. Acht Songs sind drauf, und der Unterschied zu Frühsiebziger Bands der gleichen Spielart ist wohl nur der, dass Treacle People wie die Langhaarigen heute allgemein die Haare zum Zopf zusammengebunden tragen, früher waren alle Haare offen, es sei denn, es waren durch ein paar selig gerauchte Maiden Hippiezöpfchen geflochten worden.
Treacle People klingen nicht wie ihre Vorbilder, aber wie ein guter Stilmix daraus: Deep Purple, Led Zeppelin, Jimi Hendrix, ELP, King Crimson und Pink Floyd sind nicht wirklich auszumachen, aber jede dieser Bands hat ihre Sporen ausgeworfen und Treacle People haben mit viel Inspiration und eigenen Ideen etwas ganz Eigenes daraus gemacht. "Unser Sound ist erdig und lebendig, unsere Musik ist größer als die Summe der einzelnen Musiker." Das Statement der Band ist schön gesagt. Erstaunlich ist die völlige Abwesenheit moderner Einflüsse, als hätte es nie die Masse an potentielle Fans verseuchender Popmusikke gegeben, klingen die Tracks wie in der guten alten Früh-70er Zeit. Aber längst sind die Songs nicht alt. Schön kraftvoll, was das Quintett hier spielt. Vitale Orgelattacken, schwere Gitarrensoli, versponnene Instrumentalparts, intime Vokalarrangements. Die Songs sind eingängig trotz gewisser Komplexität. Abwechslungsreichtum wird groß geschrieben, die Arrangements sind ausgezeichnet gut. Live spielt die Band zwar dynamischer, wilder und härter, was typisch ist für Progressive/Psychedelic Rock dieser Art. Doch die Studioversionen sind bemerkenswert und uneingeschränkt empfehlenswert, von unglaublicher Intensität. Am besten gelungen ist das weit über 8 Minuten lange "Moonchild", dessen Themen intensiv ein- und nicht mehr aus dem Kopf gehen.
World In Sound veröffentlicht die CD im 6-seitigen Digipack samt Booklet mit einigen Fotos der Band, sowie auf Vinyl mit aufklappbarem Cover. Die Vinylplatte macht natürlich wegen der großen Aufmachung mehr her, das Vinyl selbst ist schön schwer und klingt sehr gut. Seltsam nur, dass das Innencover der LP die Webseite der Band auflistet, gab es 1972 schon Internet?

treaclepeople.de
worldinsound.com
VM




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