Theo Travis "Earth To Ether" (33 Records, VÖ: 02.06.2006)

Der gern in der Rockmusik engagierte Bläser Theo Travis (u.a. Soft Machine, Tangent) offenbart mit "Earth To Ether" ein illustres Gespür für feine Harmonien zwischen Jazz und Rock, die nicht Stilen und Vorbildern gehorchen, sondern erstaunlich und begrüßenswert eigenständige Arrangements und Strukturen präsentieren. Die Besetzung ist klein, der Klangraum groß. Neben Travis (fl, afl, ts) waren Simon Colam (p), Andy Hamill (db) und Marc Parnell (dr, perc) an der Einspielung der 9 Stücke beteiligt, ebenso Gastsänger und Akustikgitarrist Richard Sinclair (Caravan, Hatfield & The North, etc.), der in drei Tracks aktiv wird, deren Credits teilweise auch auf sein Konto gehen.
Opener "the mystic and the emperor" ist ein außergewöhnlich feines Stück Musik. Leise, harmonisch und melancholisch ist der Modern Jazz der 9-minütigen Note und von einer lyrischen Zartheit, die überwältigend und einnehmend ist.
Gleich darauf würgt Travis die wohltuende Stimmung ab, indem er den King Crimson Hit "21st Century Schizod Man" als belanglosen Mainstream-Funk interpretiert. Das hoppelt und poppelt beliebig und langweilig vor sich hin und ist glücklicherweise nach weniger als 4 Minuten wieder zu Ende. Das ist wirklich böse und unangenehm. Einen alten Rockklassiker ins beliebige Herzschmerz-Arrangement zu kleiden und die intensive Note damit nur zu zerstören, ist unangenehm und nicht angebracht.
Doch Theo Travis zeigt danach wieder vermehrt Qualität. Gleich im 3. Track "the book", dem Richard Sinclair seine Stimme leiht. Die Gesangslinie ist umwerfend. Typisch britisch und stark an der harmonischen Sprache der Canterbury-Jazzrocker angelehnt. Der kühle Bar-Jazz mit diesem hinreißenden Motiv und darauf dem federleichten Flötensolo auf angetippter Piano-Begleitung samt dezenter Rhythmik - was für eine kraftvolle, dynamische Note! Die Songs mit Sinclair-Gesang sind alle drei umwerfend. Nach einem Flötensolo ("stewed flute") sind die beiden letzten Stücke "things change" und "full moon rising part 2" wieder etwas leichter und seichter, ohne aber zu süßliche oder anbiedernde Arrangements zu offenbaren. Insgesamt ist "Earth To Ether" ein sehr wohl unterhaltendes, anspruchsvolles und musikantisches Album mit einem wirklich bösen Ausrutscher und etwas seichtem Abgang.

theotravis.com
33jazz.com
VM



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