Traumpfad "Traumpfad" (Eigenproduktion 2004)

Ist es die Stimme, der Gesang, sind es die Texte? Traumpfad scheinen nicht aus dieser Illusionsverlorenen Zeit zu stammen, in der Idealisten und Träumer keinen Platz haben. Aber sie leben im Hier und Jetzt und haben ihr Debütalbum 2003 eingespielt. Gibt es in Bayern noch eine Nische, in der man Zeit und Muße finden kann, kritisch und poetisch zu arbeiten?
Traumpfad präsentieren die Songs auf ihrem Album in deutscher Sprache. Es scheint, als kämen sie aus der 2. Hälfte der 1970er Jahre, musikalisch und textlich. Öko- und Sinnfragen werden angesprochen, und manches scheint von Hermann Hesse inspiriert. Das klingt nostalgisch, ist es aber nicht. Die Texte sind aktuell, allein die Hörgewohnheiten der Fans sind verdorben durch die Massen an Schundtexten mindestens zweier Jahrzehnte Rock- und Popmusik.
Aber Traumpfad ist keine Dichtercombo, sondern eine Rockband. Andreas Brandl (dr), Marko Effenberger (g), Johnny Faggetter (b), Flo Huber (voc) und Matthias Unterhuber (key) spielen lyrischen Progressive Rock. Auch musikalisch sind Traumpfad keinen neuen, modernern Einflüssen verpflichtet, mal abgesehen von leichten Prog Metal Flöckchen, die frisch durch das Album rauschen. Die melodischen Songs sind sehr harmonisch, reißen mal hart aus, bleiben aber zumeist songorientiert. Ausgedehnte Instrumentalpassagen gibt es wenige, Sänger Flo hat die Songs voll im Griff.
Die Stücke sind ungewöhnlich und haben eigene Handschrift, die harmonischen Entwicklungen sind keine stereotypen Allgemeinheiten, wie es im Neoprog hin und wieder vorkommt, sondern haben eher einen klassischen Background. Dazu gibt es schon mal ein heavy Gitarrensolo oder eine virtuose Pianowendung. Die Kompositionen sind komplex aufgebaut und vor allem die Gesangslinie kann die Melodien sehr gut transportieren. Die Band entwickelt währenddessen die vielschichtige, dynamische Basis, auf der der Gesang perfekt spazieren kann.
Nach meinem Empfinden könnte sich die Band instrumental mehr austoben und insgesamt druckvoller spielen. Das Pianospiel braucht eine verspieltere Differenzierung und die Gitarre könnte kraftvoller rocken, während Frontmann Flo der Band ein paar instrumentale Minuten mehr gönnt.
Die sehr schön und ausgefallen präsentierte CD von Traumpfad mit ihrer starken Affinität zu Mittsiebziger Symphonik-Platten wird vor allem Fans von Hölderlin und Anyone's Daughter gefallen. Aber eigentlich können sich Prog Fans aller Lager angesprochen fühlen, der Klang der Musik ist wie ein Jungbrunnen. Schön, dass es so etwas noch (oder wieder) gibt.

traumpfad.info
VM



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