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Tesla Manaf "Tesla Manaf" (Moonjune Records 21.02.2015)
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Moonjune Records und die indonesische Jazzrock/Progressive Rock Szene. Fabelhaftes Engagement. Tesla Manaf ist ein junger, ungemein inspirierter und talentierter Gitarrist mit Handschrift und Stil. Auf seinem Debütalbum, das bunt und ansprechend eingepackt ist, lebensfroh, fröhlich und unbeschwert wirkt und wie die Musik ansteckt, sind zwei Konzepte enthalten. Das erste, 8 Tracks umfassend & 2014 eingespielt, arbeitete Tesla Manaf unter dem Titel "A Man's Relationship With His Fragile Area" mit seiner aktuellen Band aus. Die Stücke 9 bis 14, 2011 in anderer Besetzung eingespielt, sind als 6 ‚Parts' unter "It's All Yours" einzeln anwählbar vereint. 78:53 Minuten virtuose, überraschende Musik sind hier zusammengekommen, die Jazz, Fusion, zeitgenössische Folklore, Progressive Rock, gefühlt ethnische Klänge (die ich keinem Stil zuordnen kann, allein der Begriff ‚indonesisch' wäre falsch, weil es auf den indonesischen Inselgruppen zahlreiche Ethnien und Kulturen gibt, die kaum oder überhaupt nicht miteinander verwandt sind), Gebirgsbachklarer Electric Jazz, wie er vor 50 Jahren das erste Mal zu hören war - in einer Virtuosität und technischen Sprache, die aus Jazzrock und Progressive Rock gewachsen ist. Tesla Manaf spielt indonesischen Electric Jazz, der sich stilistischer Mittel bedient, wie sie in der populären Musik häufig zu finden sind, sich dabei aber kaum an konkrete Vorbilder anlehnen.
Dennoch erinnert mich seine kompositorische und Arrangement technische Handschrift in ihrer lyrischen Sanftheit, fokussierten Virtuosität und eleganten Vielseitigkeit an drei Musiker, die allesamt aus Brasilien stammen: Airto Moreira, Egberto Gismonti und Hermeto Pascoal. Nicht darin, wie Tesla Manaf Gitarre spielt, sondern an das ‚Klima', die Klangidee der Songs. Es ist wohl eine verwandte Art der Herangehensweise, Songs zu kreieren und Stilmischungen sehr eigen und verblüffend zu gestalten. Mit anderem ethnischen und kulturellen Hintergrund, gewiss, aber in doch kompositorisch ähnlich reicher Sprache und verspielter, entspannt gelöster Lässigkeit, die plötzlich in technische Rasanz ausbrechen kann, wofür auch Gismonti und Pascoal vielfach stehen.
Zudem verarbeitet Tesla Manaf ebenso neumusikalische Einflüsse wie dies (deutlich stärker) Egberto Gismonti tut.
Teslas Gitarrenspiel ist jazzgeprägt. Er spielt keine Rockgitarre, der Sound ist leise und melodisch, nicht laut und schneidend. Da ist eine gefühlte Ähnlichkeit zu Pat Metheny, ohne handwerklich in besonderer Nähe zu sein.
Laut wird es selten in Tesla Manafs Songs. Die rein instrumentalen (nur in Einzelfällen mit partiellem, lautmalerischem Gesang ausgestatteten) Tracks sind ungemein farbenfroh, lyrisch, zart und verspielt. Dabei kann es deutlich technisch und rasant zur Sache gehen, was aber selten der Fall ist. Klarinette und elektrische Gitarre sind die markanten Melodieinstrumente; akustischer Bass, Schlagzeug, indonesische Flöte und partiell ethnische Instrumente sind zu hören. Der erste Teil wirkt wie ein instrumentales Hörspiel, dessen exzellenter Klang und großartige Klangintensität die Einspielung perfekt präsentieren. Trotz diverser balladesker Strecken ist Kurzweil angesagt, wie sie im Bilderbuch der Verpackung ihre Entsprechung findet.
Seltsam und lustig ist der Beginn des achten Stückes "The Sweetest Horn", das als Militärkappellenstück beginnt. Piccolo-Flöte und Snare-Marsch führen in das alsbald neoklassische Jazzstück, dessen stilistische Mittel sich immer wieder brechen, teils enorm europäisch klingen, als sei die Musik Teil einer Märchenschallplatte aus den 1970ern. Bis es immer verrückter und lebhafter wird, wie es so nur im Jazz geschehen kann. Dass Tesla Manaf den Track so beginnen lässt, bedeutet, dass er keine Aversion gegen derart militärische Klänge hat und also keine solchen negativen militärischen Dinge erfuhr. Sehr schön, möge dies allen Musikern und Menschen auf der Welt so gehen! Auf dass jede Inspiration nur offen, frei und uneingeschränkt sei!
"It's All Yours", 2011 mit dem balinesischen Ensemble Mahagotra Ganesha eingespielt, klingt einerseits rocklastiger und kräftiger, jazzrockiger und wilder, andererseits ethnischer. Zum elektrischen Instrumentarium (g, b, dr, keys, synth) und den Jazzinstrumenten (ss, fl) werden traditionelle Rhythmusinstrumente eingesetzt wie Gangsa, Kantil, Jublag, Gong, Kempluk. Das gibt dem lebhaften Sound eine fast meditative Bedeutung. Schade fast, dass diese Rhythmusklänge dem elektrischen Instrumentarium etwas nachbedeutet wurden und leiser zu hören sind.
Tesla Manaf ist ein Jazzgitarrist mit eigener Handschrift, der sehr lyrische Songs komponiert, einspielt und produziert, die vielfarbig und ungemein überraschungs- und abwechslungsreich sind. Sein Debüt ist ein sehr schönes Werk, das glasklaren, elektrischen Jazz mit zarter ethnischer Note enthält, der positiv und fröhlich wirkt, ohne wie Fahrstuhlmusik oder Gedudel zu wirken. Ganz im Gegenteil, diese sanften Klänge haben inspirierte Qualität.
moonjune.com
VM
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