Tenors Of Kalma "Electric Willow" (enja/yellowbird, 27.03.2015)


Einen Namen kenne ich: Kalle Kalima. Der ist hier in Stralsund schon häufig aufgetreten. Jetzt höre ich das erste Mal eine Platte, an welcher der Gitarrist und Sänger beteilig ist. Beteiligt ist gut, die meisten Kompositionen hat der finnische Meerbusen, nein, Musiker selbst geliefert. Tenors Of Kalma ist sein Baby. Zusammen mit Jimi Tenor (voc, keys, sax, fl) und Joonas Riippa (dr) ist ein saucooles, lebensfrohes, vitales und ereignisreiches Album entstanden, in dessen 10 Songs und 51:49 Minuten Laufzeit schön verrückte und abgefahrene Dinge passieren.
Stilistisch, für den Schubladenschrank, kann die vielseitige Songsammlung ebenso als Jazzfunk, Jazzrock, Elektronisches, Kraut- und Psychedelic Rock mit gelegentlichen US-amerikanischen Folk-Chorgesängen gestapelt werden. Die Chorgesänge sind verblüffend reich und eindrucksvoll, der schöne Späthippie-Einfluss geht auf das Konto des Trios Crosby, Stills & Nash. Da hat Mr. Kalima lange dran geschrieben, so reif und phantastisch das klingt. Beide Songs ("Blind", "The Missing Page 1964") sind mit je über 7 Minuten Spielzeit die längsten Tracks auf der CD. Jimi Tenor und Kalle Kalima jubeln hervorragend, alle Achtung!
Gleichfalls ist der Sologesang überzeugend. Da gibt es keine Allerweltsgesangslinien, wie sie schon zahllos und tausend Mal mehr bereits gesungen wurden. Und gutgewachsene Männerstimme.
Das Trio versteht es verblüffend, die zahllosen Schlaglöcher zu vermeiden, die das Heer an Musikern und Bands vor ihnen auf diesen Strecken hinterlassen hat. Schräge Kante und groovesatter Funk werden kernig vereint, als sei dies das Natürlichste der Welt. Psychedelische Exkursionen haben stets gute rhythmische Erdung; was Kalima mit seiner Gitarre zaubert, hier die rhythmisch schick harten Ansätze, dort die zarten bis abgefahren schrägen Melodiemotive, macht ordentlich Laune. Und immer wieder sind da hochgekochte Soul-Funk-Raubein-Jazz-Tracks, wie etwa "Go-Go-Go", die auf starkem Fundament frech witzige Musikarchitektur setzen. Kein Track läuft straight durch, überall sind Brüche, harsche Kanten und lustiges Ideegut gestreut, was die Tenöre von Kalma mit Lust und Schmackes zelebrieren.
Bisschen war Finnisches gibt es vorzuletzt auch noch. Klingt ganz anders als Höyry Kone. Und ebenso seltsam. Eigenwillig schöne Sprache!
Selbst wenn Tenors Of Kalma gewisse Paralleltendenzen zum Progressive Rock ausleben, wo sie nicht zuhause sind, malen sie nicht Zahlen eingearbeiteter Altvorwürfe nach, sondern basteln extraverrückte Strukturen, die hier ethnisch klingende, dort Jazztriefende, Funk-satte und/oder cool Funkgetriebene Vital-Ideen intus haben, dass es immer wieder Spaß macht, dem Triotreiben zuzuhören.
Wie ich gerade sehe, sind momentan keine Konzerte in Stralsund geplant. Die Platte taucht wohl doch nix.

tenorsofkalma.blogspot.de
jazzrecords.com/enja
VM



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