Taylor's Universe "From Scratch" (Marvel of Beauty Records 2015)


Robin Taylor ist wie guter Wein. Je älter, je besser. Die wievielte Platte unter der Regie des dänischen Multiinstrumentalisten und Komponisten ist "From Scratch"? Die 14. CD in der Taylor's Universe Serie. Davor und daneben gibt es zahlreiche weitere.
Jede neue Arbeit nach dem Abschluss der letzten Veröffentlichung braucht neuen Anlauf. Und Robin Taylor, der wohl selbst nicht weiß, wie ihm das immer wieder zufällt, hat nicht allein das Glück guter Ideen, sondern zudem fabelhafte Musiker an der Hand, die seine Kompositionen ansprechend in Songs umsetzen.
Thomas Thor Viderø Ulstrup (minimoog), Robin C Taylor (g, keys, perc, etc.), Karsten Vogel (saxes, b-cl), Claus Bøhling (e-g) und Klaus Thrane (dr) samt Gästen, etwa wie stets Louise Nipper mit lautmalerischem Gesang in einigen Stücken, spielten die 7 Tracks ein. Und dann traf, als die CD schon fertig war, etwas ein, was es so zuvor noch nicht gegeben hatte. Am 21. März 2015 trat die Band in dieser Besetzung im Børneteater, Christiania gemeinsam auf. Das war nicht allein der erste gemeinsame Auftritt der Band, es war das erste Mal überhaupt, dass alle diese Musiker zusammen in einem Raum waren. Nachdem nachmittags die CD abgespielt wurde, stiefelten die Musiker auf die Bühne und setzten zu einer circa 30 Minuten dauernden Jam-Session an, in der einige Parts geplant, vieles aber improvisiert und durch Soli ausgedehnt wurde. (In diesem Zusammenhang: Livealbum?)
"From Scratch" ist als, mittlerweile kann gesagt sein: typisches Album Robin Taylors zu erkennen. Die nonchalante Note, die dunkle Melancholie, die lässig entspannte Atmosphäre, die dahinziehend dämmernden Stücke, die Eleganz der Ideen und die unaufdringliche Entspannung, die Taylors Kompositionen innewohnen.
Selbst wenn balladeske Töne angeschlagen werden, arbeitet die Band kraftvoll und herzhaft. Knackfrisches Schlagzeug und äußerst versierte Bassarbeit untermauern die kaum gewöhnlichen und schön aussagekräftigen Songs. Robin Taylors Songs ist zueigen, dass sie zum einen Progressive Rockern der alten Schule, Jazz-Freaks und Filmmusik-Fans gleichfalls gefallen können. Nie aufdringlich, aber stets dynamisch und in aller schnörkeligen Kurvigkeit und soloreichen Extravaganz forsch und schön lebhaft wiegen die Songs im kühlen Wind der flachen dänischen Ebene.
Hier vereinen sich epische Ideen, elektronische und elektrische Klangflächen, lyrisches Schweben und herzhaftes, dabei recht trockenes, nüchternes und doch versponnen tiefgreifendes Rocken auf sehr intuitive Weise. Das sind keine Songs, die erdacht sind, Hitparaden zu gefallen, sondern allein Ausdruck Robin Taylors Innenwelt sind.
Besonders gefällt mir "Interrail" auf diesem Eisenbahnrhythmus mit Louise Nippers lautmalerischer Begleitung. Nach einem Einbruch, der fast meinen macht, der Song sein vorüber, geht das Thema erneut los. Großartig!
Mit dem ersten Hördurchgang sind diese Songs nicht zu greifen. Da wirken sie unterkühlt, skandinavisch verwoben und unter mystischen Wolken versteckt. Jedes weitere Abspielen eröffnet den Kosmos weiter und weiter. Und der innere Rhythmus wird breit und licht.
Junge Progressive Rock Fans werden vielleicht nicht der lässigen Note verfallen wollen und Lethargie im Album sehen. Wer schon ein paar Winter mehr im Gehörgang hat, mag die freakig schräge und zugleich entspannte Note tiefer empfinden.
Gerade erst ist "From Scratch" veröffentlicht und geht durch das Bewusstsein der Szene, da sitzt Robin Taylor gewiss schon an neuen Ideen, von denen er nicht weiß, warum sie ihn als Ziel gesucht haben. Aber er weiß genau, wie sie umzusetzen sind, um zum nächsten Werk anzuwachsen.

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VM



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