The Tapestry of Delights (Black Widow Records)

The Tapestry of Delights mit dem Untertitel "Most Comprehensive Guide to British Music of the Beat, R & B, Psychedelic and Progressive Eras, 1963 - 1976" ist ein sehr empfehlenswertes, über 600 Seiten starkes Buch. Da werden alle bekannten und viel mehr unbekannte britischen Bands, Musiker, Besetzungen und Platten, die in die Genres passen, vorgestellt und zum großen Teil ausführliche und detaillierte Bandbeschreibungen gegeben. Mittlerweile gibt es auch ein Buch über die deutsche und eines über die europäische Progressive Szene - und keines der Bücher ist überflüssig, sondern absolut informativ.
Diese CD macht dafür Werbung. Vernon Johnson, der Verfasser des Buches, hat ganze 6 Bookletseiten Platz bekommen, das Buch vorzustellen. Musik aus der Zeit jedoch gibt es auf der CD nicht. Jedenfalls keine originale. 4 heute aktive Bands haben historische Rock-Songs aufgegriffen und gecovert.
Egal, wie wild und hart so ein Stück Musik ist, wenn es gecovert wird, muss man ein äußerst sensibles Händchen beweisen, um keinen Schrott zu produzieren. Gerade bekannte Songs sind als Covers ungeeignet und oftmals nicht die Zeit wert, die sie dauern. Licht und Schatten teilen sich auch diese CD. Die 4 Bands auf der CD sind für ihre eigene retrospektive Musik bekannt, mit der sie Platten eingespielt haben.
Den Auftakt machen die Italiener Standarte, selbst keine Unbekannten mehr. Arthur Brown, Atomic Rooster, Gods, Soft Machine und Action spielt die Band in (fast) originalen Arrangements, aber eigenem Klang. Besonders wenig gelungen finde ich das Atomic Rooster Cover "Black Snake", eines der schönsten Songs der Briten und ein absoluter Rockklassiker. Standarte nehmen den Song zu lässig und schnoddrig, die Stimme zielt mal nett an der Gesangslinie vorbei. Das Original kann an Intensität und Lyrik längst nicht erreicht werden, diese Interpretation ist ein volles Eigentor. Die anderen Interpretationen sind da weitaus besser gelungen.
Beggars Farm schließen sich an. High Tide, Black Sabbath (na ja!), Pink Fairies und Hawkwind sind die Opfer, die Interpretation der Songs sämtlichst auf der guten Seite. Nur das T.Rex Cover "Rumbling Spires" klingt seltsamerweise, als würde es von den Dead Kennedys stammen.
Fantasyy Factoryy aus Deutschland sind die nächsten. Das Trio war bisher voll an mir vorbeigegangen. Der positive Eindruck beginnt gleich beim Klang, Beggars Farm klangen schmierig und dunkel, Fantasyy Factoryy hingegen hell, satt und klar. Das klassisch besetzte Trio wird vollkommen von der Gitarre dominiert, Alan Tepper spielt sich die Seele aus dem Leib, seine beiden Mitarbeiter Julian Pahler (b) und Uli Twelker (dr) haben leider nicht seinen Drive. Janus, T.Rex, Edgar Broughton Band und Arcadium hat das Trio gecovert, wobei besonders "Poor Lady" von Arcadium gelungen ist (und das T. Rex Cover definitiv nicht als Punkrock durchgeht!).
Die Briten Sun Dial bringen zum guten Ende "Soul Thing" von Arzachel lässig und düster sphärisch zum Besten.
Nicht eine der Interpretationen kann den Originalen das Wasser reichen, und in den meisten Fällen bringt die Neueinspielung auch keine besonderen Pluspunkte. Alle vier Bands leisten aber gute Arbeit. Vor allem Standartes Soft Machine Interpretation "Why Are We Sleeping?", Fantasyy Factoryys "Poor Lady" und das ausgedehnte "Soul Thing" von Sun Dial sind topp.
Wenn der fast 80 Minuten lange Sampler von Black Widow preiswert angeboten wird, kann er als Anekdote interessant sein. Interessanter sind jedoch die Original-Alben, der jungen wie der alten Bands.

blackwidow.it
VM




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