Natsuki Tamura Quartet "Hada Hada" (Libra Records)

Der japanische Trompeter Natsuki Tamura kann in keine Form gepresst werden. Sein Ausdrucksstil ist so vielfältig, wie die Kollaborationen, die er eingeht und die Projekte, an denen er Teil hat. Tamura ist mit der außergewöhnlichen Pianistin Satoko Fuji verheiratet, beide arbeiten in diversen Gruppierungen miteinander; im Duo, Trio, Quartett bis zur Orchestra genannten Big Band werden diverse neue Wege gegangen, die zwischen Rock und Jazz wechseln, aber auch innerhalb dieser Stile nicht festgelegt werden können. Mit Takayuki Kato (g), Satoko Fuji (synth) und Takaaki Masuko (dr) hat Natsuki Tamura (tr) das Album "Hada Hada" eingespielt.
Die CD enthält 8 Tracks, die eine Gemeinsamkeit haben - den nervösen, stark verhallten und gewisser Maßen anstrengenden Klang. Die Stücke sind erheblich unruhig; der verhallte Sound und das stete Trommeln, das in erregten Höhepunkten in stakkatoartigen Übertaktungen die Trommelfelle arg strapaziert, machen die Aufmerksamkeit auf die eigentliche melodische Arbeit, die etwas verwischt wirkt, schwer.
Die Kompositionen sind streng abstrakt. Die Songs wirken als avantgardistisches Konstrukt, das die Sinne betört und in Mitleidenschaft zugleich zieht. Das Trompetenspiel ist episch weit angelegt, die Gitarre wühlt den Sound im Untergrund und Off auf und fügt mit dem Synthesizer das hektische, aufgeregte Klima. Das Schlagzeug stolpert mal wild, dann verhalten durch die harmonisch "schrägen" Arrangements.
Die Zeichen stehen auf Alarm und so bleibt es im Prinzip von Anfang bis Ende. Der Mix aus jazzigen Harmonien, psychedelischem Avantgarde Rock und freier Improvisation hat im Opener "Hada Hada" eine nicht unerhebliche Ähnlichkeit zum ebenso ungewöhnlich arbeitenden Multiinstrumentalisten und Multistilisten Hoppy Kamiyama und vor allem dessen kommerzielle (!) Auftragsarbeit "Gessyoku". Gewiss hatten die Musiker erheblichen Spaß an der Dekonstruktion der Kompositionen und aufgeschlossene Geister werden ihre Freude am Dauerlärm der Songs haben (die selbst laut sind, wenn die Stimmung mal ins leicht Melancholische kippt und ein entspannteres Flair sich weitet ["Kagero"]). Doch es gehört viel Aufgeschlossenheit dazu, sich mit dieser Unruhe anzufreunden. Rein technisch ist die Arbeit extrem gut gelungen. Das Cover spricht eine beredte Sprache, Feuer züngelt aus der Trompete, das Eisen glüht und Tamura spielt verzückt. Alle Kraft und Energie legt er in sein Spiel, die melodische Abstraktion ist außergewöhnlich und beeindruckend, und der Glutherd der Unruhe pocht wie Schmerz an die Schläfe. Wer diese 8 Songs lieben will, muss nervöse Schmerzen einplanen. Aber wer weiß, vielleicht sind der Erfahrungswert und die Verzückung dadurch höher? War das der Plan des Unternehmens?
Vorsichtiges reinhören empfohlen…

http://www2s.biglobe.ne.jp/~Libra/
VM



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