Taal "Skymind" (Musea Records 2003)

Sag noch einer, symphonischen Progressive Rock könnte man nur nach Schema F produzieren - dem werden die Stöpsel aus Ohr und Hirn gebaut! Vor 2 Jahren wurden die süchtigen Prog-Freaks von der französischen Band TAAL überrascht, die mit kraftvollem Ansatz, außergewöhnlichen Ideen, einiger Wildheit und berauschender Verkommenheit musizierte, dass es eine Freude war. "Mister Green" wurde ein tadelloses Album, dem der Produzent mit den vielen Knöpfen nicht das Leben weggedreht hatte. Mit gehörigem Mut, großer Spielfreude und eleganter Lässigkeit rocken die 9 Songs. Jetzt ist die Band mit "Skymind" wieder da. Und gleich die ersten Sekunden machen klar, dass die Lust am Musizieren bei TAAL immer noch sehr ausgeprägt ist. Neben aller technischen Finesse, die Anthony Gabard (g), David Stuart Dosnon (b), Loic Bernardeau (dr, l-voc), Igor Polisset (dr), Sébastien Constant (key), Hélène Sonnet (fl, voc), Manu Fournier (vi, sax), Gaelle Deblonde (vi), Manue Bouriaud (vi) und Mehdi Rossignol (ce) an den Instrumenten wahrhaft auszeichnet, liegt das Interesse der Band nicht daran, alles zu perfektionieren, zu glätten und ein lebloses Paket Tonmüll vor die Füße der Fans zu schmeißen. Kleine - bewusste - Störgeräusche, Lärm, Wummern gehören dazu. Die Band scheint daraus nebenher Inspiration zu ziehen. Das eröffnende Titelstück erzählt eine beredte Sprache, ein Mittelwellensender zieht ein Resumee der folgenden Songs. Da weiß man, was noch kommt! Nämlich vielfältiger melodischer Reichtum, ausserordentlich dynamische Arrangements, schön harte Passagen, jede Menge abgründiger Humor in nicht zu ernstem Ernst, lyrische Melancholie und ausgeprägt liedhafte Folklore-Abrisse (neben den nett wilden und schrägen Ideen und so manchen gar unangenehmen Geräuschen). In 6 langen, vitalen Songs offenbaren TAAL große genuss- und niveauvolle Unterhaltung. Da sackt ein Stück schon mal in orientalische Gemütlichkeit ein, was dem Schlagzeug die Energie gibt, darüber hart zu lautieren. Die Streicher und Holzbläser verändern die Melodie mit europäisch klassischer Nuance auf verblüffende Weise - fehlt nur die Gitarre, die daraus eine symphonische Orgie macht. Doch nichts bleibt, wie es war. (Oops!) Break, Abriß und schon ist es französische Folklore, mit einer Lässigkeit gespielt, dass man sich in einem luxuriösen Puff wähnt, wo die Musiker mit heißen Fingern und glühenden Gliedern ihre Instrumente in schnell fließendem Spiel zu Höchstleistungen treiben. Die Band mit dem Mehr an Energie und Spaß (klingt wie Werbung, klingt es nicht?!). Ach was soll ich noch lange sagen, hört´s Euch selbst an: "Skymind" ist DIE Überraschung. Ich kann daran nichts aussetzen. Und wer "Mister Green" noch nicht hat, spart Porto und kauft beide Alben auf einmal. Musik hat kein Ende. TAAL´s Ideen hoffentlich auch nicht. (Das dumme an einem frisch veröffentlichten Album ist nur, dass es dauern wird, bis der Nachfolger kommt, ja!)

musearecords.com
VM



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