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Styx "Equinox/Crystal Ball" (A&M 1975/76, BGO Records 2006)
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Auf 70 Minuten Spielzeit bringen es die beiden Styx-Klassiker "Equinox" und "Crystal Ball" gemeinsam. Styx veröffentlichten keine LPs, die bis an die Grenze des technisch möglichen randvoll waren (wie etwa Todd Rundgrens Band Utopia, deren Debütalbum gerade einmal 4 Songs enthält und 60 Minuten lang ist). "Equinox" ist das erste Album nach dem Labelwechsel von Wooden Nickel (die vier ersten Alben wurden kürzlich auf einer 2CD-Produktion wieder veröffentlicht) zu A& M. Es ist auch das letzte Album mit Gründungsmitglied und Komponist John Curulewski, dem der Tourstress einfach zu viel geworden war; der vielen Arbeit mit der Band war er leid, ein allgemein "schlechtes Gefühl" hatte sich seiner bemächtigt, er zog sich ins Privatleben zurück (noch heute ist er einer der angesehendsten Gitarrenlehrer Chicagos). "Equinox" war damit zum Dreh- und Angelpunkt in der Bandgeschichte geworden. Die gern als Paradebeispiel für AOR/Melodic Rock genannte Band hatte auf "Equinox" erstmals die komplexe Musiksprache entwickelt, für die sie auf kommenden Alben geliebt (und gehasst) werden sollte. Klassische Einflüsse, Progressive Rock und Hardrock fanden sich in den Songs wieder. Stets waren die Kompositionen und Arrangements der Band songdienlich eingespielt worden. Und doch sind etliche ihrer Songs erheblich komplex, was auf beiden Alben, "Equinox" ebenso wie auf "Crystal Ball", zu hören ist. "Mother Dear" etwa, eine der letzten Curulewski-Kompositionen für die Band, ist ein überaus perfektes Stück Musik, heavy und dramatisch, vital und komplex - einer der ganz großen Songs der Band. Nicht weniger eindrucksvoll ist "Suite Madam Blue", der abschließende Track von "Equinox". Viele der heutigen Progbands haben es nicht drauf, derart überwältigende und anspruchsvolle Werke zu schreiben.
"Crystal Ball" zeigt sich gleich mit dem ersten Song sehr frisch. Statt Curulewski war nun der zarte Tommy Shaw an Bord, der zwar Gitarre spielte und aus dem Hardrock kam, aber in Styx die lyrisch-harmonischen Seiten in den folgenden Jahren ausbauen sollte (…das schreckliche "Boot On The River"…). Doch davon war die Band 1976 noch weit entfernt. Dennis De Young erweist sich wie auf dem Vorgängeralbum als brillanter Keyboarder, der die Fäden in der Hand hält. Was die beiden Gitarristen mit hartem bis wildem Spiel heftig rocken, das fügt er mit eingängigen Keyboardharmonien wieder zusammen. Keiner der 8 Songs ist belanglos, die Platte ist rundum stark. Die bandtypischen schönen Harmoniegesänge, das differenzierte Spiel, die vielen Überraschungsmomente der Songs, die Soli, das instrumentale Spiel - "Crystal Ball" ist eine sehr tolle Platte - und eine der besten von Styx überhaupt. Tommy Shaw hatte mit seiner eigenen Band eben noch seine Komposition "Crystal Ball" vor einer Horde uninteressierter Bowlingspieler in Alabama gespielt, und kurz darauf stand er mit Styx auf der Bühne, um den gleichen Song vor über 10.000 begeisterten Fans live zu spielen.
Der kommerzielle Erfolg war enorm, die Band wurde zum Superstar. Die folgenden Alben sollten den Erfolg festigen. "The Grand Illusion" und "Pieces Of Eight" sind ebenso fabelhafte Alben der begnadeten Band.
bgo-records.com
VM
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