Steve Vai "Where The Wild Things Are" [CD/2DVD] (Favored Nations/Rough Trade, VÖ: 09.10.2009)

Wo anfangen?!? Der Gitarrenwizzard legt auf seinem Favored Nations Label erneut Liveaufnahmen auf, die seine handwerklich-technische Qualität als Komponist und Gitarrist, als Arrangeur und Bandleader beweisen, seine wahnsinnigen Fähigkeiten, Gitarrensaiten mit unglaublicher Geschwindigkeit zu bearbeiten und dabei ein improvisativ-solistisches Geschick an den Tag zu legen, das seinesgleichen sucht. Der Meister ist ein Virtuose, der seine Spur gefunden hat und nicht aus der Vergangenheit lebt.
So sind auf der 2DVD (ca. 160 Minuten) und der CD (78 Minuten) keine Songs zu hören, die auf Frank Zappa hinweisen noch aus seiner eigenen Phase, die noch stark davon geprägt war, etwa "Flexable", obschon durchaus Songs aus dieser Phase dabei sein können, jedoch umarrangiert worden sind und dem heutigen Steve Vai entsprechen, der Funk, Metal, Hard- und Jazzrock auf die extrem technische Weise ohne avantgardistische Mätzchen spielt und dabei einem Mainstream nahe kommt, der Power Metal oder Progressive Rock die Basis ist.
Neben Steve Vai (g, voc) standen der von Mike Keneally ausgeliehene und unter eigenem Namen selbst aktive Bryan Beller (b), Jeremy Colson (dr, perc), Dave Weiner (g, Sitar), die beiden Keyboarder und Geiger Alex DePue und Ann Marie Calhoun sowie der Lap Steel Gitarrist Zack Weisinger auf der Bühne. Die Steve Vai Band ist technisch extrem gut ausgebildet und geübt, die komplexen Tracks und die weniger heftigen Groovemonster haben stets den besonderen Dynamikfaktor. Alle Songs sind verrückt virtuos und technisch vital. Da gibt es Soli, Duo- und Trio-Soli, wenn sich die beiden Geiger und Steve Vai die Bälle zuwerfen oder gar Vierersoli, wenn die beiden Gitarristen und die Geiger sich im Thema abwechseln und ihren eigenen Sound, ihre eigenen Ideen, ihre eigene Handschrift intonieren - es passiert ungemein viel in dem fast komplett instrumentalen Konzertmarathon.
Wie es heute nicht mehr ganz unüblich (und eitel) ist, zieht Steve Vai sich nach einigen Songs um, gut, die Arbeit ist schweißtreibend. Und so sieht er immer schick und hübsch aus.
Seine Mannschaft (samt Dame) begnügt sich mit einer Abendgarderobe und die Dame sieht auch zum Schluss sehr ansprechend aus, wenn sie das gewiss auch anders gesehen hat.
Es gibt großartige Songs aus Vais Albumgeschichte, bekannte und weniger bekannte Songs, stets sehr gut intoniert und von einer exzentrischen Solowütigkeit, die nur den ganz großen Gitarrenheroen eigen ist.
Vor aller Musik: die Fanscharen werden sich trennen. Den Einen ist der heutige Vai zu technisch, zu glatt, zu sehr Hochglanz-Poser. Die dürfen sich anderweitig vergnügen.
Den Anderen geht das Zeugs runter wie Öl, Quatsch, Öl geht nicht runter, runter wie das beste Bier. Göttliche Technikspezialität auf Hochgeschwindigkeit. Technischer Metal, Unisono-Jazzrock, akustische Balladenseligkeit, Highspeed-Soli und der schwer-flotte Bandsound - schon ein Traum. Grandios, gleich zwei elektrisch verstärkte Geigen hören zu dürfen, dazu die illustren Gitarristen, nicht nur Steve Vai ist da ein Gott, kaum weniger Dave Weiner. Bryan Beller ist soundtechnisch im Bandgefüge, ohne besondere und besonders illustre Solostrecken zu fahren, er sorgt mit Jeremy Colson für den richtigen Drive, die fette Basis, das komplexe Backing und für die heftige Funk-Note.
Die CD hat natürlich weniger Songs drauf, bietet aber einen exzellenten Ausschnitt aus dem kompletten Konzert und hat einen Teil des akustischen Sets dabei. Schon einmal dafür die Empfehlung für Vai-Interessierte und Gitarrengottsoundjünger.
Die DVD ist einmal mehr zu empfehlen, weil hier kurzweilig zu sehen und hören ist, wie die Band ihren Sound betreibt und zwischen den Songs Jokes zwischen Vai, Band und Publikum kommunikativ hin- und hergehen. So schnappt Jeremy Colson sich zwischendrin ein kleines Perkussion-Set, das er um den Bauch trägt, womit er rumlaufen kann. Bevor die Show mit Vai an der akustischen und ihm an der Bauch-Perkussion weiter geht, führen die beiden das Publikum in das folgende Set ein, ist nett, etwas zahnlos und weniger schräger als braver Witz, aber als Pause zwischen der Musik hinnehmbar.
Zwei volle DVDs, auf der zweiten kommt nach dem Set, weil noch Platz und dafür Anlass ist, die Band in einzelnen und gemixten Interviewschnipseln zu Wort, gibt es Behind The Scenes Material und Vais Demonstration des so genannten Jemini Distortion, eines Gitarrentreters, den Vai mit - einer Firma - selbst entwickelt hat. Was für die Techniker unter den Gitarristen.
Volles Programm. Wer's nicht mag, braucht sich nicht um zu kümmern.

favorednations.com
myspace.com/stevevai
vai.com
VM



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