Steely Dan - Alive In America (Giant Records 1995)

Was soll man zu 'Steely Dan' eigentlich sagen? Diese genialische Band, bestehend im Kern aus dem Kreativ-Duo Donald Fagen und Walter Becker, hat sich im Laufe ihrer Karriere, beginnend anfangs der 70er Jahre bis 1980, Kultstatus erworben. Die geniale Verbindung aller Stilarten amerikanischer Musik in Verbindung mit immer weiter wachsender Kompetenz an den Instrumenten und im Arrangement, die schliesslich in Ausnahmewerken wie "Gaucho" oder "Aja" mündete, dürfte eine gewisse Einmaligkeit geniessen.

Allerdings war 1980 dann Schluss und Becker und Fagen gingen getrennte Wege, zwei oder drei Soloalben sind die Zeugen der Trennung. Aber dann, Mitte der 90er, kam es wieder zu einer Annäherung. Fast inkognito gab Donald Fagen ein Gastspiel auf der Solo-Scheibe "11 Tracks of Whack" von Walter Becker. Danach stimmte die Chemie anscheinend wieder und die beiden beschlossen "Steely Dan" wieder aufleben zulassen. Zunächst ging man 1993 und 1994 auf Konzert-Tournee in America, währenddessen dieses Album entstand. Warum das? Geldmangel? Mangelnder Erfolg der Soloarbeiten? Nun ja, Walter Becker schreibt im Booklet zu "Alive In America": Wir wollten endlich mal in einem Privatjet für zwei Monate in America herumfliegen und ausserdem "Babylon Sisters" endlich mal live hören.... lol.

Mit Live-Aufnahmen hatten Steely Dan anfangs kein Glück. Die komplexen Produktionen waren nicht leicht live zu präsentieren, also hat man nach einigen problematischen Versuchen das Live-Performen gleich ganz aufgegeben. Von diesen Schwierigkeiten ist bei den Aufnahmen auf "Alive In America" nichts zu spüren. Im Gegenteil, es zeigt sich eine Band in Höchstform und voller Spielfreude. Donald Fagen (Gesang, Fender Rhodes, Keytar (ein ziemlich peinliches 80er-Jahre-Umhänge-Keyboard), Melodica) und Walter Becker (Gitarre, Gesang auf "Book Of Liars") werden von Spitzenmusikern wie Dennis Chambers (Schlagzeug), Tom Barney (Gitarre), Warren Bernhardt (Piano, Fender Rhodes), Georg Wadenius (Gitarre) und Bill Ware III (Vibes, Percussion), Cornelius Bumpus (Saxophon), Chris Potter (Saxophon), Bob Shepperd (Saxophon) sowie einigen Background-Girls begleitet. Bei den 1993er Aufnahmen spielt Peter Erskine das Schlagzeug und Drew Zingg ist als Gitarrist noch mit an Bord. Diese perfekten Musiker, meist aus dem Jazz-Bereich, sorgen für einen tollen, laid-back Groove, der alle Titel trägt. Geschmackvolle Soli, wohltemperiertes Zusammenspiel ohne Gefrickel sorgen für ungetrübten Genuss.

Bei 11 Songs kann die Auswahl natürlich nicht unbedingt die "Greatest Hits" wiederspiegeln, zumal bei Steely Dan wohl irgendwie alle Songs diesen Anspruch erfüllen. So wird eine schöne subjektive Auswahl aus allen Phasen des Schaffens von Steely Dan geboten. Dabei stellen sich die komplexeren Titel wie eben "Babylon Sisters" als genauso 'Live'-tauglich heraus, wie das space-rockige "Bodisatthva".

Über eine Stunde bieten Steely Dan perfektes musikalisches Entertainment, Freunde einer leicht progressiven Mischung aus Jazz, Jazz-Rock und Laid-Back-Rock'n'Roll müssen hier einfach zugreifen. Und das beste: Diese Live-Aufnahmen waren der Auftakt zu neuem Steely Dan-Studiomaterial! Aber davon ein ander Mal mehr....

steelydan.com
Thomas Kohlruß



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