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Splashgirl "Hibernation" (Hubro Music 23.10.2015)
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"Hibernation" startet wie aus dem Nichts, aus dickstem Nebel. Düstere, fragile Klanglandschaft macht sich auf, die so nur aus dem hohen Skandinavien kommen kann, wo episch leidenschaftliche, schwere, melodisch wie scharfkantige Felsen geschnittene Musik geschrieben wird, deren urbanes Wesen aus alter Folklore aufsteigt und den Kopf verschrobene Klänge liebender Musikexperten verzaubert.
Splashgirl, die norwegische Doom-Jazz-Kapelle mit Sinn für ausgefallen schwere, filmmusikartige Soundgebilde, sind zurück und präsentieren 9 abgründige, 52:20 Minuten füllende Tracks, die nicht unbedingt der Düsternis schwerstes Extrem sind, viel mehr auf lasziv elegante Klänge setzen, die einerseits ambientartiges Schweben, andererseits krimihafte Strukturen ausleben und in aller basslastigen Dramatik gefährlich helle, leicht scheinende Töne und Harmonien intonieren. Die linke Pianohand notiert eine langsame Melodie, während die Rhythmusabteilung schweren Rockrhythmus deftig bedächtig setzt. Darüber klettern Bläser, Electronics und Tastensounds, die an frühe King Crimson erinnern. Doch die dramatische Vielschichtigkeit tritt nur partiell auf. Oft sind karge Klanglandschaften Ziel des Trios samt Gast. Das wenig in Aktion tretende Harmonium gibt zudem eine etwas (positiv) seltsame Klangbeimischung, die an Gottesdienste erinnert, denen man als Kind beiwohnte, und wo man auf schwarz gekleidete, komisch riechende und aussehende alte Leute traf, die aus dem fremden Erwachsenenleben stammten (und vielleicht sogar noch im Chor sangen, was den Grusel- ja Ekeleffekt noch deutlich verstärkte). Diese Erinnerung in diesen Songs ist phantastisch, zeigt sie doch, dass das düstere Norwegen nicht nur karg, trist, gefährlich und reich an wilder Natur ist, sondern vielmehr die Verlorenheit der Menschen, die eng aneinanderrücken, nicht zu (schrägem) Humor neigen und gottesfürchtig und ernst in ihr Leben blicken. Der Auftritt hier, bei Splashgirl, ist indes Humor pur, düsterer Doom-Jazz-Humor.
Herrlich knarzige Harmonien wälzen sich als esoterisch in lyrisch krasser Wildheit skandinavischer Landschaft ausgedrückte und mit Hingabe eingespielte, klanglich großartig aufgezeichnete Songs. Das elegische Pianospiel, die elektrischen und elektronischen Tasten, der akustische Bass, das Schlagzeug, die Saxophone - Splashgirl knien sich tief hinein und basteln mit dem neuen, dritten Album (nach "Field Day Rituals" und "Pressure") eine aus frühem Progressive Rock, skandinavischem Jazz und dramatischer Filmmusik mit Folk-Elementen bestehende, in kühler, nachdenklicher Handschrift inszenierte, leichtschwere Melancholie-Epik, die nur großartig und eindrucksvoll, niemals kitschig oder fade ist. Dabei kopiert das Trio sich nicht selbst und baut seinen eigenen Sound weiter aus.
Mehr davon!
1. Hibernation (03:24)
2. Reducer (06:51)
3. Bleak warm future (06:32)
4. Rounds (04:31)
5. Scorch (06:33)
6. Community (05:06)
7. Redshift (06:08)
8. Two degrees (08:27)
9. Rebounds (03:59)
Available as CD / DL and in a deluxe 2LP edition (500 copies, gatefold cover, 180g vinyl, 45 rpm)
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