Solefald "World Metal.Kosmopolis Sud" (Indie Recordings / Soulfood 2015)


Von wegen die nordisch-verwegenen Zwillings-Wach-Türme der Avant-Garde schlafen; sie sind gegenwärtig aktiver denn je und dies auf einem ehrfurchtgebietenden Niveau. Lars Are Nedland (a little bit of everything) und Cornelius von Jackhelln (the other side of craziness) mischen in der Hexenküche der Welt-Musik allerlei melodische, harmonische und rhythmische Öle zu einem Zaubertrank, der die Grenzen des Bewusstseins zu sprengen im Stande ist und setzen auf diese Weise eine mehr als eindrucksvolle Duftnote; unterstützt werden sie dabei von Alexander Boe (Bass), Petter Hallaräker (Gitarre), Baard Koltstad (Schlagzeug) sowie einigen weiteren Gästen an Kalimba, diversen Percussioninstrumenten und weiteren klanglichen Spezialitäten. War in früheren Äonen die Basis der Musikalität der Norweger trotz aller Experimentierfreudigkeit klar im Extreme Metal verortet, so sind deren Fundamente gegenwärtig total im Fluß; eine eindeutige Zuordnung ist besterdings nicht möglich. Der Heavy Metal in seiner extremen Spielart ist nach wie vor präsent, wird aber gekonnt mit Prog Rock-Exkursionen ohne Klassenstreber-Attitüde, Techno-Sprenklern und folkloristischen Eruptionen aus allen Teilen der Erde verfeinert. Das Frickel-Ei bleibt bei aller unzweifelhaft vorhandenen Komplexität der Kompositionen ungeschält, dafür hält die Originalität - über sämtliche Backen strahlend - Einzug in den Eilzug nach Kosmopolis. Eine solche Musi-Diversität habe ich zugegebenermaßen im gesamten Metal-Kontext noch nicht gehört - schlichtweg atemberaubend und dabei durchaus massenkompatibel. Ob die Jungs beim nächsten Album noch einen drauf setzen können, wird sich zeigen - man scheint auf dem Gipfel der Geschmackvollkeit angekommen zu sein. Wenn aber jemand hinsichtlich des Perfektionsgrades eines organisch anmutenden Hör-Kunstwerks noch ein Pfund zulegen kann ohne die Vermessenheits-Latte zu reißen, dann sind es die Herren Nedland und von Jackhelln. Die Quadratur des Extreme Metal ist damit in greifbare Nähe gerückt. Auf alle Fälle haben wir mit "World Metal.Kosmopolis Sud" einen ganz heißen Anwärter auf den Metal-Tonträger des Jahres vorliegen.

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Frank Bender



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