Solar Project - Force Majeure (Musea 2004)

Solar Project sind eine deutsche Band, welche schon Anfang der 80er Jahre gegründet wurde. Kern des "Projects" sind Robert Valet (Keyboards, akustische Gitarre), der auch die meisten Lieder und Texte schreibt, Peter Terhoeven (Gitarre, Bass) und Volker Janacek (Schlagzeug). Bislang wurden 6 Alben veröffentlicht, auf denen die Kerntruppe immer von zahlreichen Gastmusikern, insbesondere Sängern, unterstützt wurden. Auf dem neuen Album "Force Majeure" hingegen agiert "Solar Project" als Band mit einer festen Besetzung. Zu dem Kerntrio sind nun noch Bettina Wirtz (Gesang), Sebastian Jungermann (Bass) und Jade (Saxophon) gestossen.

Nach einer längeren Schaffenspause (immerhin sind seit dem letzten Album schon vier Jahre ins Land gegangen) sind Solar Project wieder mit einem Album am Start. Allerdings wurde anscheinend in diesen vier Jahren nicht gefaulenzt, sondern tatsächlich von Ende 2001 bis März 2004 am neuen Output gebastelt und gefeilt. Dazwischen gab's auch den einen oder anderen Live-Auftritt (von denen ich immerhin einen miterleben durfte).

Auf den ersten Blick gibt es nicht viel neues bei Solar Project: "Force Majeure" präsentiert sich wie gewohnt als Konzeptalbum (Es geht um "Kräfte" im weitesten Sinne und zwar um die Kräfte der Natur und ihre durchaus zerstörerische Wirkung, wie auch um die Kräfte zwischen den Menschen und deren oftmals nicht minder zerstörerische Wirkung) mit einer überschaubaren Anzahl, dafür ziemlicher langer, Tracks. Die beiden Longtracks "Thunderstorm" und der Titelsong "Force Majeure" sind dabei in mehrere (auch direkt anspringbare) Teile untergliedert. Soweit, so gewohnt... "Thunderstorm" war in einer Ur-Fassung oder in einem Edit (je nach Standpunkt) schon mal auf einem eclipsed-Sampler zu bewundern.

Die ersten Töne von "Days Of Wrath" werden allerdings 'alte' Solar Project-Fans, die nun wieder diesen geschickten Mix aus floydianischen Gitarren und genesisartigem verhaltenem Bombast erwartet hatten, unsanft aus ihren Träumen reissen: Ein maschinenartiges Schlagzeug mit diesem "We-Will-Rock-You"-Groove dröhnt, überlagert von geflüstertem bis gehauchtem Gesang, schrägem Keyboard-Gequietsche und verzerrten Gitarren, los. Puh! So modern hat man Solar Project noch nicht gehört. Wenn sich der Song im Fortgang auch ein Stück weit "normalisiert", dass ist starker Tobak für die Symphoniker unter uns, aber faszinierend...

"Thunderstorm" dürfte dann allerdings die Fanklientel wieder versöhnen, sofern die Verstörung aus "Days..." noch anhalten sollte. Hier gibt es einen 'klassischen' Solar Project-Song mit ausladenden Instrumentalteilen. Es wird ausgiebig dem Retro-Prog im Stile der Floyds und Genesis der 70er gefröhnt. Die Gitarren sirren mal floydig-elegisch, mal aggressiv-rockend, die Keyboards legen Soundteppiche über den unspektakulären aber soliden Rhythmus von Schlagzeug und Bass. Bettina Wirtz' Gesang bewegt sich quasi zwischen Oper und Chanson. Allerlei Soundeffekte wie Gewitter, Regen, Blitz und Donner tragen ihr übriges zu einer stimmigen Atmosphäre bei. Einzige Kritik an diesem Longtrack: Die einzelnen Teile für sich sind klasse, wollen sich aber nicht so recht zu einem Ganzen fügen. Daher wirkt es etwas wie eine Aneinanderreihung kleiner, einzelner Songs... das schmälert zwar der Genuss kaum, gibt aber Abzüge in der künstlerischen B-Note.

"Force Majeure" gibt sich wieder deutlich "moderner" und beginnt mit bedrohlich wabernden Keyboards. Der blubbernde Bass steuert dann in eher rockigere Gefilde und ein Song zwischen aggressiven und elegischen Momenten entwickelt sich. Im Mittelteil werden Sprachfetzen historischer Natur eingespielt (die üblichen Verdächtigen wie Chamberlain, Truman, Churchill, JFK und gar George W. Bush kommen zu Wort). Das ist sicherlich nicht mehr richtig originell (zumindest nicht über 30 Jahre nach "The Beat Goes On" von Vanilla Fudge) und irgendwie erschliesst sich mir der Zusammenhang der einzelnen Zitate nicht recht. Macht nix, die Musik bleibt gleichbeibend hervorragend und unterhaltsam.

"War" zum Abschluss steuert nach einem fast jazzigen Intro mit Saxophon und Klaviereinsprengseln (und gesprochenem Text) wieder eher gewohntere Retro-Prog-Gefilde im typischen Solar Project-Stil an. Textlich verhebt man sich in diesem Song vielleicht etwas in Richtung Bedeutungsschwangerheit (wenn es dieses Wort geben sollte).

Musikalisch ein interessantes bis tolles Album von Solar Project. 'Alte' Fans sollten sich nicht von dem einen oder anderen modernen Klang erschrecken lassen. Bisherige Skeptiker sollten der Band mal wieder eine Chance geben. Solar Project gelingt eine Weiterentwicklung ohne den eigenen Sound über Bord zu kippen, das ist aller Ehren wert. Dabei setzt insbesondere der virtuose und ausdrucksstarke Gesang von Bettina Wirtz Akzente und trägt viel zum "neuen" Klangbild von Solar Project bei.

solarproject.de
Thomas Kohlruß



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