Soft Machine "Live in Paris: May 2nd, 1972" (Cuneiform Records 2004)

Soft Machine wurde 1966 von Daevid Allen (g), Robert Wyatt (dr, voc) und Kevin Ayers (b, voc) in Canterbury, England gegründet. Der Name entstammt einer Novelle von William Burroughs (den Daevid Allen um Erlaubnis bat, Soft Machine als Bandnamen benutzen zu dürfen). Kurze Zeit später stieg Mike Ratledge (key) ein und Daevid Allen wieder aus. 1968 kam Hugh Hopper für Kevin Ayers, Elton Dean (sax) stieg 1969 ein. 1971 verließ Robert Wyatt die Band, für ihn kam Phil Howard (der auch für Elton Deans Jazzprojekt Just Us trommelte). Doch Hopper und Ratledge gefiel Howards Jazzstil nicht und sie entließen ihn. John Marshall von der Jack Bruce Band, ein Rocktrommler, kam für kurze Zeit in die Band. Damit war das Line-Up, das am 2. Mai 1972 in Paris spielte, komplett. Eine Besetzung, die nicht lange hielt, Elton Dean stieg noch im gleichen Monat aus und die folgenden, steten Besetzungswechsel hielten an, bis das Aus von Soft Machine Ende der 1970er Jahre kam.
"Live in Paris" war bereits auf One Way veröffentlicht worden, doch die Auflage ist längst ausverkauft. So haben Cuneiform, die nunmehr schon die 5. Soft Machine CD im Programm haben, die Tapes remastert. Der Klang ist ausgezeichnet, das Konzert war damals als Teil von "Pop Week" mitgeschnitten worden, die Voraussetzungen für eine Neuauflage waren günstig. Die Geschichte zur CD hat Aymeric Leroy im Booklet gut zusammengefasst.
Soft Machine gaben am 2. Mai 1972 in Paris ein herausragendes Konzert. John Marshall ackert sich wie ein Besessener durch komplexe Rhythmen. Sensibel geht er auf die wechselhaften Improvisationen seiner Mitstreiter ein. Mal lässt er es laut krachen, mal setzt er leise, differenzierte Jazzrhythmen. Hugh Hopper sinniert mit untermalendem, typisch canburyanischem Bassspiel sehr melodisch, vital und wie entrückt. Mike Ratledge fügt die Jazzharmonien am Keyboard, untermalt mal Elton Deans solistische Ausbrüche und improvisiert. Elton Dean spielt die abstraktesten Töne. Seine Soli, am elektrischen Piano, Alt-Saxophon oder Saxello, radikalisieren den heftig brodelnden Jazzrock der Band. Mike Ratledge soliert harmonischer, leiser, mit nicht weniger Dynamik als Dean. Doch Elton Dean zieht harte Spuren über das harmonische Gefüge seiner Begleiter mit amelodischen Läufen und wilden, langen Ausschweifungen. Jeder der involvierten, wie tief entrückten Musiker tut sich solistisch hervor, auch John Marshall. Doch am besten kommen die Songs, wenn die komplette Band über ein improvisatives Thema gemeinsame Variationen setzt und die Kraft und Härte der Musik zu besonderer Größe findet.
Ein Glück, dass die Bänder noch vorhanden waren. Die Qualität der Musik ist berauschend, zudem ist, weil diese Besetzung nur kurzzeitig auf Tour und überhaupt gemeinsam aktiv war, das Konzert eine wirkliche Rarität. Wie die anderen der Cuneiform - Soft Machine - CDs, die stets unterschiedliche Phasen und Besetzungen präsentieren und damit das Bild der Band schärfen. Gerade die frühen Soft Machine sind zur Kultband bei Rock- und Jazzfans avanciert. Warum, lässt sich hier gut ablesen.

cuneiformrecords.com
VM



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