Simon Says "Paradise Square" (Galileo Records 2002)

Die Jungs haben Humor. Wenn sie etwa im zweiten Song, dem Titelstück "Paradise Square", singen: "stand up and fight", dazu einen lustigen Schunkelrhythmus laufen lassen, der mehr nach love me, baby klingt, weiß man erst nicht, was sie wollen. Das setzt sich im folgenden "Striking Out A Single Note For Love" fort. Nach 7 Minuten ändert sich (wieder einmal) das Stück, dieses Mal, um zu einem betrunkenen Rhythmus zu finden, der eine lächerliche Mundharmonika dazu bringt, trotz billiger Melodie phantastisch zu klingen. Der Rhythmus könnte glatt von einem Schmalzsong direkt aus den Siebzigern stammen, wenn da nicht die kleinen untypischen Momente wären; Simon Says übertölpeln den Hörer und nehmen ihn auf eine Reise mit, die ungewöhnlich ist, im Gesamtkonzept aber um so mehr überzeugt. Über das Ende des Songs möchte ich nichts sagen, dieser passende musikalische Witz muss von jedem selbst erfahren werden. Die schönste Stelle des Albums ist der Wechsel vom 6. zum 7. Song, die abflauende Stimmung wird in einem dramatischen Moment aufgefangen, der von ausserordentlicher Spannung geprägt ist. Überraschungen bietet das zweite Album der Schweden zuhauf. Da wäre zum einen Sänger Daniel Fäldt, der eine gar erstaunliche Stimme hat. Bei einem Entertainer-Wettbewerb hätte er gute Chancen, im Jazz-/Chanson-Fach zu gewinnen. Ein kräftiger Tenor mit eigenwilliger Nuance, eine sympathische Stimme mit Überzeugungskraft. Für Progressive Rock ungewöhnlich und nur zu begrüßen! Müßig zu erwähnen, dass die Instrumente gar perfekt bedient werden. Die größte Überraschung jedoch sind die Kompositionen. Alle sieben Songs, vom 2minütigen Elektronic-Stück "Darkfall" bis zum 15minütigen "White Glove" (4 Zehnminüter!) sind gar verblüffend aufgebaut, mit etlichen grandiosen Momenten, rasanten Wendungen, wundersamen Melodien, spitzfindigen Brüchen, kleinen Disharmonien - alles nur, um die große Harmonie um so kräftiger zu gestalten. Jeder Kuchen braucht eine Prise Salz, um richtig zu schmecken - so werden hier die kleinen Stilbrüche eingesetzt. Das Konzeptalbum erzählt die Geschichte von einem Typen namens - Simon, die sehr interessante und keineswegs blöde Story ist im Booklet vollständig abgedruckt. Mich hatte stets gewundert, warum der 1995er Vorgänger so sang- und klanglos untergegangen war, denn der schon hat es ordentlich in sich. "Paradise Square" ist eine absolute Steigerung, eine überwältigende Inszenierung. Die größte Überraschung aber ist: die im Arrangement verblüffende Ähnlichkeit zum Klassiker Genesis. Simon Says haben Genesis ganz genau zugehört. Sie haben ihre Arrangements in Teilen fast zum Verwechseln ähnlich gestaltet. Streckenweise, in einigen Passagen, scheint es gar, dass ein kurzes Moment geklaut wurde, um die Nuance treffend zu spielen. Doch es bleibt ein guter Abstand zum Vorbild, vor allem in den vielen Melodien, die nur für Simon Says stehen; den humorvollen Wendungen, eigenartigen Stimmungen und ungewöhnlichen Nuancen. Auch wenn "Paradise Square" das zweite Album von Simon Says ist, muss man von der neuen Entdeckung aus Schweden reden. Das Album wird einschlagen wie eine Bombe. Ein Volltreffer in Sachen Symphonic Rock.

galileo-records.com
VM



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