SBB "Roskilde 1978" (Metal Mind Productions 2008)

"Roskilde 1978" ist als separates Album bisher nicht erhältlich gewesen, lediglich als Teil der "Lost Tapes, Vol. 1" 9-CD-Box. Neben dieser Box gibt es eine zweite, die ebenfalls 9 CDs enthält und "Lost Tapes, Vol. 2" betitelt ist. Das ist jedoch längst nicht alles. Das ist noch nichts. Diese beiden randvollen Boxen enthalten nur das überzählige Material, obschon überwiegend in gutem bis sehr gutem Klang, sind es sämtlichst Liveaufnahmen oder Einspielungen mit anderen Künstlern, die das Spektrum DER SBB-Box erweitern, die in auf 1000 Stück limitierter Version veröffentlicht wurde.
Die "Anthology 1974 - 2004" enthält justament 22 CDs, von denen zumindest 14 aus der klassischen Phase der Band stammen, darunter alle Studioalben, die unverzichtbar sind und es zudem gemeinsam auf mehrere Stunden (!) Bonusmaterial bringen. Wenn eine Band ihr Lager aufgeräumt hat, dann wohl diese.
Doch zurück zu "Roskilde 1978". Józef Skrzek (keys, b, voc), Apostolis Antymos (g, dr) und Jerzy Piotrowski (dr) brauchen nur 5 Songs, zweiundsiebzigeinhalb Minuten zu füllen. "Walkin' Around The Stormy Bay", "Going Away" und "Deszcz kroplisty, deszcz ulewny", was immer auch das letzte heißen mag, eröffnen das Konzert eindrucksvoll. Im letzten Stück ist ein energisches Schlagzeugsolo zu hören, eigentlich ein Duo, das beide Schlagzeuger gemeinsam bestreiten.
Und dann folgen die zwei über 20 Minuten langen Tracks "Ze slowem biegne do ciebie" und "Follow My Dream", die die 7, 14 und 9 Minuten der ersten drei Tracks geradezu lächerlich kurz erscheinen lassen und erneut alle Register auffahren. "Follow My Dream" entwickelt die größte Spannung. Aus symphonisch sphärischer Lyrik erwächst ein druckvoller, energischer Bombast, der seinesgleichen sucht. Jazzrock und Progressive Rock jagen einander, brechen in die Sphäre des anderen ein und treiben sich gegenseitig zur Höchstform an. Was hier live gespielt worden ist, hat enorme Qualität und macht ungemein Laune.
Der Klang ist nicht ganz sauber, etwas dumpf und matt, schlapp und fad, immer noch besser jedoch als Bootlegniveau und gut zu genießen. Wer neugierig auf die Klänge der Band ist und das Erlebnis dieser Zusammenarbeit auf der Bühne nachvollzieht, stört sich gewiss nicht an diesem kleinen Manko. Denn was die Band am 02.07.1978 auf der Bühne des Roskilde Festivals zauberte, ist außerordentlich gut.
Für die Süchtigen unter den SBB Fans gilt, sich die Boxen zuzulegen, nicht nur um Geld zu sparen und einen umfassenden Überblick über das Treiben der Band zu bekommen. Sondern auch, weil die langen Orgien der Band immer wieder anders klingen und das Trio stets neue Improvisationslandschaften aufmacht, die Studiotracks live weitaus länger werden und Intensivkurse in Sachen Progressive Rock Erfahrung sind.
Wer indes nur einen kleinen Einblick in die musikalische Arbeit der Band braucht, mag sich eines der Mittsiebziger Alben auf CD zulegen, die es auch unabhängig voneinander mit diversen Bonusstücken gibt.
Und wer nur die Siebziger Arbeit des Trios mag, die lebhafteste, avantgardistischste und wildeste Zeit, dem seien neben den Studioalben die diversen Livealben zu empfehlen, von denen nicht zwei dasselbe Material enthalten, obschon einige Songs etliche Male auf den diversen CDs enthalten sind.

sbb.pl
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VM



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