Ruins "Pallaschtom" (Skin Graft Records 2005)

Es ist einfach, Ruins als Punk Prog zu bezeichnen, als Brachial-Theater für die Ohren. Wie schwerer ist es, die Musik des Schlagzeug/Bass Duos differenziert zu betrachten. Wer die Band zuerst hört, mag geschockt sein, irritiert zumindest. In keinem der üblichen Lager kommt die Band so ohne weiteres an.
Wenn man die Unzahl kurzer und auch schon mal etwas längerer "Songs" des Duos hört, fragt man sich, ob sie die Dinger auch auseinander halten können. Und tatsächlich gibt es Livealben der Ruins, auf denen Songs verschiedener Studioalben zu hören und irgendwann zu erkennen sind.
Einflüsse nennt Tatsuya Yoshida, Schlagzeuger und momentan Einzelkämpfer unter dem Namen Ruins, der kürzlich eine Solotour mit dem Titel "Bassplayer Wanted Tour" durch Europa unternahm, mit Gentle Giant und Emerson Lake & Palmer. Davon ist der ausdrucksstarke Klang des Ensembles weit entfernt. Ruins ist so etwas wie die Abstrahierteste Abstraktion seiner Einflüsse. Neben Tatsuya Yoshida ist Sasaki Hisashi als Bassist und weiterer Vokalist in den Songs auf "Pallaschtom" aktiv geworden. Die CD ist bereits im Jahr 2000 in Japan veröffentlicht worden, jetzt folgt der von Yoshida Tatsuya überarbeitete Rerelease für Amerika und Europa.
Kennzeichen der CD und der Band überhaupt ist das extrem abgefahrene, schräge Spiel der beiden involvierten Musiker. Tatsuya Yoshida vergewaltigt sein Schlagzeug sicherlich nicht, aber er weiß alle Ausdrucksmöglichkeiten der Felle und Becken auf möglichst differenzierte, harte und expressive Weise zu intonieren. Sein illustres Spiel ist ungemein aktiv, er "arbeitet" sich durch jeden Song, spielt nicht einfach nur Rhythmus, sondern die melodischste, wildeste und lebhafteste Variationsmöglichkeit von Rhythmus des gesamten Planeten. Der stete Rhythmusbruch ist für Begeisterte ein wahr gewordener und wohl kaum zu träumen gewagter Traum. Wer kann schon ernsthaft erwägen, dass es tatsächlich so etwas wie die Ruins geben mag!
Sasaki Hisashi steht in seinem Bassspiel seinem Schlagzeugpartner in nichts nach. Er ersetzt alle weiteren Melodieinstrumente und macht dies auf extrem harte Weise. Metal, Hardcore, Punk UND Prog finden hier ihre ultimative Schmelze.
Schön, dass gerade dieses der vielen Alben für den Außerjapanischen Markt veröffentlicht wird. Denn neben den 16 schrillen, heftigen und emotional überwältigenden Songs spielt das Duo drei ihrer gefürchteten, beliebten und planetarisch betrachtet wohl außergewöhnlichsten Medleys. Track 17 ist das "Classical Music Medley", in dem allerhand bekannte oder geahnte Klassikmotive als verdammt kurze Schnipsel gespielt werden. Darauf folgt das "Hard Rock Medley", in dem Black Sabbath, Deep Purple, Led Zeppelin, UFO und viele weitere Bands mit bekannten Motiven in der knappsten Weise interpretiert werden. Zum Abschluss darf man dem "Progressive Rock Medley" beiwohnen, das mit YES beginnt, Focus, Premiata Forneria Marconi und sehr viele weitere Bands in superkurzen, prägnanten Motiven präsentiert. Das lädt zum Rätseln ein und macht neben aller teilweise verständigen Unterhaltung große Augen und Ohren. (Auf einer anderen CD des Ruins Projektes Ruinzhatova namens "Close to the RH" gibt es das komplette und ebenso lange (!) Yes-Cover "Close To The Edge" in einer Mordsaufregenden Version zu hören. Dort tummeln sich zudem King Crimson und James Brown als Inspiranten…)
Weitere Medleys gibt es auf "Tzomborgha": "Black Sabbath Medley" und "Mahavishnu Orchestra Medley" (!) - sehr zu empfehlen.
Es bleibt nichts zu sagen, als dass Yoshida Tatsuya nichts als Kunst generiert und unsere eingefahrenen, spießigen und leichtgängigen Hörvorstellungen herausfordert.
Wie viele andere Ruins CDs ist auch "Pallaschtom" ein unbedingtes Muss!

skingraftrecords.com/audio.html
http://www5e.biglobe.ne.jp/~ruins/eng/magaibutsu-eng.html
VM



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