Rick Wakeman & The New English Rock Ensemble "In The Nick Of Time - Live in 2003" (Gonzo Multimedia 2012)

Rick Wakemans Œuvre ist unüberschaubar groß. Allein Alben unter eigenem Namen - und darunter rocktypische gibt es etliche. Mit dem New English Rock Ensemble legt er ein weiteres nach. 2003 war er, nach erneutem Ausstieg aus seiner (dann) growing up - Band Yes, mit eigener Band auf Promotiontour für sein Album "Out There" unterwegs. Wakeman-Klassiker, Yes-Songparts und damals aktuelle Stücke sind auf der CD gelandet, die nur ein Ausschnitt des Konzertrepertoires ist. Lang gespielte Versionen, mal abgesehen von "White Rock", das mit 3:15 sehr kurz ist, und "Dance of a Thousand Lights" (5:48) liegen alle Stücke im Longtrack-Bereich (8:06 bis 13:17). Wakeman, Rockband und Chor (partiell) sind zu hören. Stilistisch arbeitet die Band zwischen Keyboardrock und Melodic Rock mit Einflüssen aus Symphonic Rock, Hardrock und Metal. Der theatralisch agierende Sänger Ashley Holt hat gewaltig Stimme, mit der er sich gegen die tastenschwere und bombastisch bis pompös arbeitende Band durchsetzen muss, was ihm auf melodisch sicheren Gesangslinien gut gelingt. Die Band lässt es krachen, manches Mal etwas simpel, wenn etwa der Basisrhythmus dauerhaft auf der Bass-Drum eingeschlafen ist und Tasten und jubilierende Saiten sich anstrengen können wie sie wollen, der Song nicht aus dem schwarzen Loch kommen kann. Zumeist weiß Tony Fernandez Derartiges zu vermeiden. Keyboardfanatiker werden ihre helle Freude haben, die Fanfaren und Trompeten, die Melodieseligkeit und das dramatisch bombastische Geschehen laufen auf Hochtouren. Und so spielen sich pausenlos bekannte und dazwischen einige weniger bekannte Songs und Songfragmente ab. Gut zu hören, dass Wakeman und die Band die Songs schon zahllose Male intonierten. Von den originalen (Studio-)Arrangements ist kaum was übrig, alles hat sich entwickelt und verändert, und doch ist alles wie immer. Donner, Zauber und Gewitter zelebrieren klassiksatte Symphonic-Epen, wie sie nur aus der wakemanschen Feder stammen können. 7 Tracks sind auf der CD, mehr passen auch nicht drauf. So leicht das Material der CD, so schwer ihr Inhalt. Der schwelgerische Sound zwischen lyrischer Ballade, tastenvirtuoser Melodieseligkeit und bombastischem Hardrock, so handwerklich gut und technisch virtuos er gespielt ist, hat viel Schwere und Bremskraft, der die Band sich widersetzen kann wie sie will. Sie kommt nicht dagegen an. In höchsten Schwung konnten diese Epen nur in den frühen Siebziger aufgeputscht werden, als die Handwerker an den Instrumenten hungrige Jugendliche waren. Heute klingt es, als hätte die Band es drauf, aber die Mottenkiste ist zu klein, dass der Sound sich zu ganzer Größe aufbaut. "Dance of a Thousand Lights" etwa klingt, als stamme es aus einem Paralleluniversum, könne hier nicht verstanden und gespielt werden. Mordspompös, schwer dick und süßlich, Vivaldi-schmachtend und klebrig wirkt das an sich nicht unsympathische Dings. Instrumentale Überraschungen und erlesene Radikalfahrten sind rar. Und selbst wenn die Band rockt und im besten Moment überschießt - so ganz lebendig wird es nie. Gute Band, das New English Rock Ensemble, hilflos den liebreizenden Wakeman-Songs ausgeliefert und in den Butterbergen eingeschmolzen, so sehr die Jungs auch toben und ackern. Nicht zuletzt klingt Rick Wakemans Tastenarbeit aufgesetzt und müde. Das Gesamtarrangement ist ein Schuss in den Ofen. Im Konzert wird das seine Größe haben, auf CD, der heimischen Anlage ausgeliefert, wirkt das concerto grosso matt und übermüde. Trotz aller guten Bestandteile.

rwcc.com
VM



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