Mathilde Renault "OverOceans" (Carbon 7, 2007)

Wie ein Hauch von Frühling, so zart. Und dann wieder ein kräftiger Anschlag, ein forsches Motiv, das alsobald wieder in die elegische Schwebe fällt, wie Erschöpfung. Mathilde Renault spielt ihre Kompositionen improvisativ, wenn sie hörbau auch klassisch ausgebildet und geprägt ist. Caroline Shaw ist ein kraftvoller Gegenpart, dessen klarer, forsch gesetzter Geigenton, ebenso klassisch ausgebildet, als schier natürliche Ergänzung auftritt. Die lyrisch-zarten 11 Kompositionen sind ein lustvoller Reigen, wie ein sinnlicher Garten, weich und duftend, und doch nicht ohne Spiel und Ironie.
Wie im Jazz brechen die beiden Frauen aus den Kompositionen aus, tollen wie Kinder herum, alles ist Frieden, ist unbeschwert.
Mathilde Renault singt lautmalerisch dazu, beschwingt, entrückt, fast naiv, fast erotisch. Der dynamische und mahnende Geigenklang hält sie im Zaum und zieht sie ins Spiel.
Partiell unterstützen Stephan Pougin (perc) und Arne Van Dongen (acc-b) das verspielte, lebensfrohe Duo. In den neoromantischen Partituren steckt auch einige Disharmonie, einige Melancholie, tiefe Versonnenheit und wohlige Lyrik. Erstaunlich, dass diese zarten Töne von einem so dunklen Booklet gerahmt werden, wo selbst die düsteren Töne noch licht und einladend sind.
Weitab von einfangenden Schubladen spielt das Duo, das Quartett seinen Reigen, seine Lebenslust. Die Bilder der Frauen im Booklet sind beredt. Man möchte glauben, Mathilde Renault sei blind, sie hält die Augen stets geschlossen, als wehre sie sich gegen diese Welt und ihre Töne, ließe nur das Klingen aus dem Bauch heraus zu. Caroline Shaw hingegen blickt erstaunlich nüchtern, wirkt entrückt, als wäre sie ganz Idee und Spiel. Trotz der zweifellos virtuosen Spielweise, in aller Lyrik wirkt stets eine hohe Dynamik, ist beiden Frauen die Frage der Technik wohl fremd. Sie spielen keine, scheint es, bewusste, entwickelte Musik. Keine, die auf strengen Partituren ruht und klare, sklavische Intonation sucht. Die Kompositionen sind die Basis des Spiels, darauf die gewiss technisch hochbegabten, intuitiven Musikerinnen ihren Klang zart und lustvoll spielen, schlicht lustvoll spielen.
Der Rhythmus bringt eine jazzige Note ein, die selbst im lautmalerischen Gesang Mathilde Renaults nicht zu spüren war, ein Kontrast, der wenig auftritt, mehr könnte, aber nicht fehlt. Ganz Intuition eben.

carbon-7.com
VM



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