Redd "Tristes noticias del imperio" (1978, Viajero Inmovil 2009)

Redd sind in der argentinischen Provinz Tucuman zu Hause gewesen. 1978 veröffentlichte das von der britischen und italienischen Progressive Rockszene inspirierte Trio Juan Escalante (dr, perc, key, voc), Luis Albornoz (g, voc) und Esteban Cerioni (b, mel, voc) sein Debütalbum. Enthalten sind sechs Songs mit dunklem, verträumten Sound in überwiegend entspannt lyrischer, dennoch intensiver und tiefgehender Atmosphäre. King Crimson sind als Inspiration deutlich auszumachen, nicht nur im Bandnamen. Doch Redd sind längst nicht so heavy und druckvoll wie das britische Allzeitvorbild.
Traumhaft lässiges und verspieltes Schlagzeugspiel, melodischer, satter Bass und elektrische/akustische Gitarre bestimmen überwiegend die harmonisch schöngeistigen Kompositionen. In längeren Instrumentalarrangements geraten die Stücke schon mal etwas härter und ausgeflippter, ohne wirklich besonders komplex zu sein. Doch die Songs haben es in sich, beweisen Intensität und in ihrer hochmelodischen Lyrik progressive Verspieltheit, wie sie die Vorbildszene nicht in jedem Fall außerordentlich geraten ließ.
Der kurzlebigen Band und ihrem Debütalbum, dem erst 1996 in zweiter Inkarnation ein weiteres Album folgen sollte, wird mit diesem Rerelease ein würdiges Denkmal gesetzt. Das Papiercover ist mehrfach aufklappbar, das zum Poster auffaltbare Booklet mit umfangreichen Texten bedarf zum Studium der Kenntnis der spanischen Sprache, das Drumherum zur CD ist ansprechend, Lyrics und technische Angaben sind im Innencover nachzulesen.
Den vier Songs der ersten LP-Seite, die jeweils um die 5 Minuten lang sind, und den beiden längeren Stücken der B-Seite (8 und 9 Minuten) sind als Bonus 5 weitere Tracks angehängt. Das erste Stück ist eine raue, crimsoneske Live-Aufnahme von 1977 mit schlechtem Sound, die vier weiteren sich anschließenden Tracks haben erheblich besseren Klang, erreichen das Studioniveau jedoch nicht. Eines der längeren Stücke mit gutem Sound stammt aus 1978, die drei letzten aus dem Jahr 2003 in der bislang letzten Inkarnation der Band (2005 starb Juan Bautista Escalante, mit dem Kopf der Band wird die Band wohl endgültig in die Geschichte eingegangen sein).
Redd gehören trotz ihrer lyrischen Songs nicht zu den Soft-Prog-Bands des südamerikanischen Kontinents, sondern zur crimsonesken Garde, die ein ausgefeiltes Faible für den harmonisch-melodischen Schöngeist der alten italienischen Szene hat. Die Band spielt in den Livetracks nie zu genau, es geht ein wenig drunter und drüber, was Spannung und Energie der Songs nett antreibt und der Performance Lebhaftigkeit und Dynamik verleiht.
Wer mit der alten Progressive Rock Szene nichts anfangen kann, wird sich fragen, was das Album soll. Freaks der alten Schule sollten das Album hingegen unbedingt antesten. Zwar ist "Tristes noticias del imperio" kein wahrer Klassiker, aber ein Highlight aus längst vergangenen Zeiten allemal.

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progarchives.com/artist.asp?id=3840
VM



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