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Rare Blend "Stops Along The Way" (Eigenproduktion 2006)
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Kein geringes Selbstvertrauen, das Rare Blend im Pressetext verlauten lassen. Demnach ist "Stops Along The Way" eines der 10 besten Progressive Rock Alben des Jahres 2006. Ob ich mich trauen würde, etwas in der Art auf meinen Grabstein setzen zu lassen?
Egal. Rare Blend sind wieder mit einem neuen Album am Start. Es ist bereits ihr viertes in Folge, mit teilweise längeren Pausen. Die Band hat sich Zeit gelassen und ein beeindruckendes Statement geschaffen. Technisch zeigt sich die Band erneut gereift, wenn die letzten beiden Alben auch schon beeindruckend waren, ist es "Stops Along The Way" ein weiteres Mal.
Vic Samalot (g), Bobbi Holt (key, voc, rec), Jeffrey Scott (b, acc-g) und Vince Broncaccio (dr) sind keine Teenager mehr und ackern sich nicht emotionsgeladen durch ihre musikalischen Ideen. Die Musiker im besten Alter lassen aber keine Zweifel aufkommen, dass sie Rockmusiker sind. Jazzrocker, genau genommen, mit einer Fülle an Einflüssen. Jazz, Jazzrock, Progressive Rock, ein wenig folkiges Ethno-Flair und Funk sind die Lieblingsbaustellen des Quartetts. Bobbi Holt, die für die Tastenarbeit zuständig ist, hat an differenziertem Spiel gewonnen und lotet die Harmonien aus, auf denen Vic Samalot mit diversen ausgefeilten und schön extravaganten Soli tanzt, kann aber ebenso gut interessant solieren. Zudem singt sie in zwei Tracks, "Miles To Go" und "Heading Home". Diese Stücke sind eher poporientiert und einfacheres Liedgut.
Während Jeffrey Scott und Vince Broncaccio für die ausgefeilte und komplexe Rhythmusarbeit zuständig sind und den Songs eine nervöse, spannungsreiche Basis geben (ohne nur als Knechte abgestellt zu sein und selbst mit ideenreichen Soli ins melodische Feld einzutreten), tun sich in den abstrakten Jazzrock-Tracks interessante Motive auf.
Unisono oder im Gegenpart liefern sich Bass-Gitarre oder Gitarre-Keyboard energiegeladene Gefechte, dramatische und Schwindel erregende Instrumentalausflüge, vom Feinsten und allerliebst! Aber das ist nicht alles. Einige der Stücke sind, neben den Energiemonstern, eher einfach und in ihrer stillen Art zu lieblich. Dann ist die Dynamik des Bandspiels zwar intim verknüpft, aber doch weniger ausdrucksstark. Bobbi Holt hat in den leisen Songs einen Hang, die Sounds ihrer Keys etwas verhallt und esoterisch klingen zu lassen, was dem leisen Geplätscher keinen Gefallen tut. Die "Mystic Jam" ist so ein Track, der erst im späteren Verlauf durch das Gitarrensolo gewinnt; fast scheint es, als spielten Rare Blend ein Stück alterszahmer Allman Brothers. "Feast Of The Warrior Kings" birgt zwar an bestimmten Punkten kitschige Keys, aber das wird durch die deftige Energie des Stückes und die abstrakte Melodiesprache locker wettgemacht. Die witzige Country-Jazz-Note "Off To Arizona" lebt ganz von seinem knarzig-folkigen Motiv und wirkt nicht platt.
Kleine Ausrutscher in einzelnen Tracks und die beiden gemächlich-poppigen Vokalsongs verderben den positiven Eindruck nicht. Ob die CD hält, was Vic Samalot großspurig im Pressetext meint, sagen zu müssen, wird sich zeigen. Ein tolles Progressive Jazzrock Album ist "Stops Along The Way" jedoch allemal.
rareblend.net
VM
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