Puppet Show "The Tale of Woe" (Progrock Records, VÖ: 09.04.2007)

Gleich vorweg: "The Tale of Woe" ist ein erstaunliches Werk. Die Band stürmt mit Verve und Dynamik voran, die 6 langen und vor Ideen überquellenden Symphonic Rocksongs sind erstklassig eingespielt, jedes Motiv ist voll, rund und satt umgesetzt - und jeder Song hat eine Fülle an Motiven, dass ich mich frage, wie Chris Ogburn (g, back-voc), Mike Grimes (key, back-voc), Jean Frazier (voc), Craig Polson (b, back-voc) und Chris Mack (dr, perc) sich das alles nur merken und zudem live vor Publikum zelebrieren können. Alle Achtung!
"Seasons" ist ein perfekter Opener, reich an vielschichtigem Inhalt und, typisch Progressive Rock, motivischen und rhythmischen Brüchen und ineinander aufgehenden, schlüssigen Melodien und Harmonien - zudem hat der Track einige Härte und entschlossen forsche Dynamik und kommt schnell und mitreißend voran. Instrumental profilieren Puppet Show sich an dem Sound, den Genesis in den frühen Siebzigern entwickelt haben, ein bisschen Yes liegt im Bassspiel, der Gesang orientiert sich mehr an frühen Marillion und doch sind Puppet Show mit ihren eigenständigen, überzeugenden und komplexen Kompositionen keine einfachen Kopisten oder Nachahmer, wenn sie das Genre auch nicht neu erfinden und bis zum Knie in die alten Stiefel schlüpfen, was die Fans mit freudiger Dankbarkeit aufnehmen werden.
Das Keyboardarsenal überwiegt das melodische Geschehen, während das Gitarrenspiel bis auf wenige Ausnahmen viel zu kurz kommt und sich in der Vielfalt der Themen nicht gegen die Übermacht der Tasten durchsetzen kann. Das ist ab Song zwei auch das Manko der ansonsten runden und kraftvollen Produktion. "The Tale of Woe" rockt nicht, Ausnahme sind die beiden kurzen Tracks "Harold Cain" und "God's Angry Man", in denen Gitarrist Chris Ogburn tatsächlich mal aus dem Schatten tritt, letzteres Stück überzeugt zudem mit erstaunlich freakig-experimenteller Note und jazzigem Flair. Die drei weit über 10 Minuten langen Hauptwerke jedoch sind ganz auf die Früh-Siebziger Klassik des Genres ausgerichtete rocksymphonische Meilensteine.
Wenn die Band 1993 auch für weitaus mehr Verblüffung und Überraschung gesorgt hätte (…dass ich so was noch erleben darf…), wird die übersättigte Prog-Szene das Album auch heute freudig aufnehmen. Ob ich damit richtig liege, Fix?

puppetshow.com
VM



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