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Picchio Dal Pozzo "Camere Zimmer Rooms" (Cuneiform 2001) TIPP!!!
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Die italienische Band Picchio Dal Pozzo wurde 1972 in Genua gegründet. Gedacht als antikommerzielles Konzept des Rock In Opposition kamen Musiker der New Trolls und anderer Bands zusammen, um eine von allen Zwängen befreite Musik zu spielen. Die beiden Alben "Picchio Dal Pozzo" (1975) und "Abbiamo Tutti I Suoi Problemi" (1980) sind äußerst gelungene Werke, die mit sehr interessantem, avantgardistischen Progressive Rock in einem Mix aus italienischer und canterburyanischer Natur überraschen. Von den Tonbändern, deren Musik diese CD füllt, wussten wohl nur wenige. Aufgenommen als Konzert im Studio bei einem Freund, sind die 5 Stücke nicht nur im fantastischen, klaren Soundbild erhalten geblieben, auch die musikalische Qualität ist hervorragend. Opener "Il Presidente" entwickelt in seinen 9 Minuten einen fantastischen, quasi canterburyanischen Progressive Jazzrock. Das folgende "The Sea Of Ireland" ist das uninteressanteste Stück der CD. 6 Minuten inaktive, in sich versunkene, meditative Klänge. Anschließend folgen mit "The Town" und "The Penguins" zwei über 13 Minuten lange Songs, die voll abstrakter, schräger Improvisationen, jazzverliebter Soli und wilder, witziger Einfälle sind. Das beginnt bei Geräuschen von Haushaltsgeräten, geht über Saxophon- und Piano-Soli bis zu amelodischen Freerock - Passagen. Das abschließende "The Irish Ghost" ist keine Minute lang und quasi eine schleppende Verlängerung von "The Sea Of Ireland". Weit entfernt von jeder Vorstellung von Mainstream liegen diese jazzverseuchten, disharmonischen, aber auch überaus unterhaltsamen und in ihrer Gesamtstruktur nicht zu sperrigen Songs. Da werden betont "falsch" gespielt Unisoni zu festen Punkten in den Songs, um die sich freie Improvisationen ranken, von rhythmisch agogischen Zentren zu kleinen Höhepunkten gebracht, die den Rhythmus verändern, ihn antreiben, fallen lassen und zu neuer Energie bringen. Ganz große Klasse! Es sind heute nur wenige Bands in der Lage, solch aufwendige Gesangslinien zu schreiben und singen, darüber eine leichte Gitarrenspur zu legen, die von einem Saxophon eingefangen wird, woraus sich ein Melodieknäuel schnürt, das in sich pulsiert, immer schneller und wilder wird und schließlich berstend und frei herausstürmt, fast schon Free Jazz, bis es sich beruhigt und die Spur zum Songformat zurückfindet. Hier und dort gibt es kräftige Ähnlichkeiten zu King Crimson, besonders zu deren Lizard-Album, doch die sind kurz, versiegen rasch und gebären neue Muster, die kraftvoll, aber disharmonisch rocken oder liedhaft dahinschweben. Die Ideenfülle dieser Musik ist unglaublich, die melodischen Wechsel beeindrucken immer wieder. "Camere Zimmer Rooms" als endlich aufgelegtes Kleinod hat die Qualität zum Klassiker. Als Jazz und Rock sich noch suchten und Kommerzgedanken, wie sie heute hinter fast jedem Instrument sitzen, verpönt waren, gab es die Möglichkeit zu solch großartiger Musik. Danke für dieses Album!
www.cuneiformrecords.com
VM
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