Phlox "rebimine + voltimine" (MKDK Records 2008)

Jeder kennt das. Mit Begeisterung stürzt ihr euch in eine neue Musik, lernt die Meister kennen und habt Appetit auf mehr. Je mehr ihr kennen lernt, umso mehr müsst ihr euch entscheiden, nehmt ihr auch die zweite Etage mit, oder darf es nur die erste sein. Und wenn ihr euch entscheidet, auch die Platten mit dem, ja, guten, aber nicht umreißenden Material zu akzeptieren und euch die Etage zulegt, gewöhnt ihr euch immer mehr auch an gutes, aber auch durchschnittliches Klanggetöse. So vergeht ein Haufen Zeit, immer mehr stapelt sich auf und die erste Etage ist in der Masse der zweitklassigen Alben kaum noch auszumachen.
Doch dann, eines Tages, rumst und kracht es gewaltig in eurem Wohnzimmersesselwohnzimmer, weil wieder mal ein Volltreffer wie ein Meteorit eingeschlagen ist, der euch die Füße unter dem (mit Verlaub) Arsch wegreißt und gründlich die Blähungen plättet. Dass dies noch möglich ist, ich das noch erleben darf, donnert es aus dem Gedärm der grauen Zellen und die Freude ist übergroß!
Phlox haben diesen Effekt. CD einlegen, anschnallen, aufdrehen, weggeblasen werden.
Phlox sind Kalle Klein (sax), Kristo Roots (g), Pearu Helenurm (key), Raivo Prooso (b), Madis Zilmer (dr, p, k) und Allan Prooso (p), als Gäste sind auf der Platte "rebimine + voltimine" Ramo Teder (fl, vi) und Arno Kalbus (tr) dabei. Die Esten machen einen Druck, dass das Atmen schwer fällt. Der Rhythmusdonner haut mit Orkanstärke ein, Perkussion und Schlagzeug machen Maschinengewehralarm, wobei die Perkussion dann doch schon mal arg übertreibt, Keyboard, Gitarre und Bläser jagen hammerhart darüber hinweg. Zwischen den harten Songs steckt manche Abstraktnummer, wildes, schräges Zeug, dass seine Zeit braucht, und in allem Krach auch ambiente Stille in sich trägt. Aber nur, bis der nächste Song kommt, um mit Spaß an der Freude die Radikale frei und lebhaft auszufahren.
Phlox spielen Jazzrock. Fusion, wenn man so will. Ihre Inspiration ist ganz klar in den Siebzigern festzumachen. Irgendwo zwischen Mahavishnu Orchestra, Return To Forever, Weather Report, Zappa, Energit, Jazz Q, Kaseke und In Spe - niemals müde, niemals lasch, immer 100%, immer Energie, Druck und Wildheit. Die Kompositionen können schon mal freejazz-schräg werden, in radikaler Freiheit auf ihren höchsten Punkt auslaufen, um von dort wieder mit spannendem Rock und niemals müder Energie weiter zu ziehen. Die Perkussion bringt die notwendige Nervosität und Hektik ein, auf deren Basis das schräge Geschehen mit Genuss badet. Es gibt alles: Unisono-Läufe, lange Soli, improvisierte Parts, harten Rock, extreme Freiheit, und immer 300%.
Da gibt es nicht viel zu sagen, nur schmackhaft zu machen. Wer Bock auf harten, wilden Jazzrock hat, der braucht Phlox' "rebimine + voltimine" unbedingt. Nix zweite Etage, erste Sahne!

myspace.com/phloxmkdk
VM





Zurück