Oleg Pissarenko Band "Prii Lapse Ilm: Free Child World" (Eesti Kultuurkapital/Broken Silence, 31.10.2014)


Oleg Pissarenko ist klassisch ausgebildeter Gitarrist, der sich stilistisch nicht festlegt und genreübergreifend interessiert und aktiv ist. Mit Raun Juurikas (keys), Mihkael Mälgand (b) und Ahto Abner (dr), seiner Band, entwirft Oleg Pissarenko einen sphärischen, lyrisch impressiven Sound, der Folklore, Jazz und dezente Rockstrukturen im Post Rock Geist auf ambiente Weise vereint. Die Welt aus Sicht eines Kindes in der heutigen Zeit, etwas, das Oleg in seiner eigenen Jugend nicht erleben konnte, sein eigener Sohn heute indes schon: in Freiheit aufzuwachsen, ist thematischer Gedanke des Albums.
"Prii Lapse Ilm" ist nicht nur Ausdruck heutiger Freiheiten, sondern zudem wehmütige Abrechnung mit der politischen und sozialen Situation im damals sowjetischen Estland, dem Oleg ausgeliefert war.
In 11 instrumentalen Songs (43:52 Minuten), nicht konkret komponiert und arrangiert, sondern improvisativ empfunden und live eingespielt, wird sanft lyrische Atmosphäre gebaut, die überwiegend hochmelodisch und in ihrer Sanftheit sehr eingängig ist, sich in einigen Passagen gemütlich Zeit lässt, sich zu entfalten und ohne sichtbares Ziel im Klangsud zu schwimmen; in hochgefahrenen Situationen indes reichhaltige Songstruktur beweist, die in ihrer Epik und qua surrealen Schwermut erstaunlich konkret und vielschichtig ist - die Band ist gut aufeinander eingespielt.
Indes fordert manches Stück Langmut ein, wenn die so ungemein lyrische Stimmung keinen Antrieb findet, sich forsch zu entwickeln, sondern sphärisch den Horizont bemalt, ohne dass greifbare Motive angesteuert werden, die das Ohr bannen.
Aus meiner Perspektive ist "Free Child World" ein therapeutisches Album für Leute mit Schlafstörungen, indes nicht fad. Mit Langmut wird's gut.

olegpissarenko.com
VM



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