Necronomicon "Strange Dreams" (Garden of Delights 2009)

Nach dem 1972er Album "Tips zum Selbstmord" gab es in der Band einige Umbesetzungen, weitere LPs wurden später jedoch nicht eingespielt. Necronomicon entwickelten ein neues Programm, wieder mit deutschsprachigen Texten. Aufnahmen davon, aus den Jahren 1971 und 1974, sind auf der 1990 veröffentlichten 4LP "Vier Kapitel" zu hören, auf einer LP davon erneut "Tips zum Selbstmord".
1976 löste Necronomicon sich auf. Im Booklet zur CD ist die Geschichte nachzulesen. Necronomicon hatten ihre Songs derart ausgedehnt, dass sie keine Zuhörer mehr fanden und vor quasi leeren Sälen spielten, was sie unter sich "bezahlte Übungsabende" nannten. Walter Sturm (g, voc), Harald Bernhard (dr, perc) und Dieter Ose (key, g, voc) wollten jedoch nicht aufhören und machten unter dem alten Namen weiter, dazu holten sie sich Bernd Oppitz (b) in die neue alte Band.
Im bandeigenen Übungsraum wurden im gleichen Jahr 10 Songs aufgenommen, die jetzt auf CD veröffentlicht werden, drei weitere Songs, Liveaufnahmen aus dem gleichen Zeitraum, ergänzen das Programm.
Der Klang ist nicht perfekt, die Aufnahmepegel waren überhöht eingestellt, was selbst nach der Überarbeitung noch kratzige Obertöne verursacht. Abgesehen davon ist der etwas matte, blasse Klang durchaus gut nachzuvollziehen.
Erstaunlich, dass die Band in der kurzen Zeit seit der Erneuerung schon wieder so viele - und darunter gut komponierte Songs gespielt hat. Die Arrangements sind sauber und komplex, Schlagzeuger Harald Bernhard prügelt sich die Finger wund, kraftvoll mit hartem Ton von Bernd Oppitz begleitet. Walter Sturm und Dieter Ose spielen die melodischen Partien und solistische Strecken. Die Songs sind überwiegend um 4 Minuten lang, einige bringen es auf 6 oder 8 Minuten, der längste Songs ist 10 Minuten lang. Es gibt viel instrumentale Fläche, die interessant und dynamisch, schön hart und virtuos bespielt wurde. Einige Passagen sind nicht ganz sauber getroffen, der Sänger liegt hier und dort gnadenlos neben der Spur, der Keyboarder haut auf die falschen Tasten, der Schlagzeuger ist zu schnell, die Band kommt nicht zusammen auf den Punkt. Das fällt jedoch nicht weiter negativ auf und erhöht nur den Sympathiefaktor. War eine lockere Angelegenheit, die trotz ernsthaftem Spiel und aufwendigem Arrangement immer schön heftig rockte. Mal ist eine Passage von Deep Purple "inspiriert", dann ist ("Morning") ein Song so gnadenlos von Procol Harum geklaut und dabei wenig verändert, dass klar ist, warum die Nummer nie aus dem Probenraum gelassen wurde.
Stilistisch bewegen Necronomicon sich zwischen progressivem Klassikrock und Hardrock, es gibt viele gute Ideen, die einen melancholischen Nebeneffekt haben. Jetzt und hier ist zu hören, was verloren gegangen ist, oder fast verloren gegangen ist - und als LP zu Ruhm und Ehren gekommen wäre, hätte die Band ihre Sahnehäubchen raus gepuhlt und sich ins Studio begeben, ihre Songs klangvoll zu verewigen. Heavy und saftig, kraftvoll und nicht ohne Komplexe, wie die Songs sind, werden Hardrock-Fans, Symphonik-Freaks und Krautrock-Fetischisten, die allesamt Klangeinbußen wie graue Haare mit Schulterzucken in Kauf nehmen, ihre Freude am Entdecken dieses nostalgischen Programms haben.

ragazzi-music.de/necronomicon.html
necronomicon-1972.de
diregarden.com
milestone-mailorder.com/pg/d/catalogue.asp
VM



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