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Mynd "Awake" (Neway Music 2015)


Erik Grösch (g, voc), Tom Brenneis (b, voc) und Uwe Ruppel (dr, voc) waren einst das Fundament des Progmetal-Trios Annon Vin ("A new gate" 1996). Alle drei waren zudem in anderen Bands aktiv, etwa Straight From Hell, Schaffrath, The Lifelong Project, Telltalehard oder Mekong Delta, wo bekannter oder weniger bekannter Weise ebenfalls Alben eingespielt und veröffentlicht wurden.
In das frische neue Projekt Mynd kamen Christoph Metzendorf (keys) und Marc Laukel (lead voc) als handwerkliche und stilistische Bereicherung und Ergänzung. Die junge Band hat einen Leadsänger mit markanter, starker und sicherer Stimme und einen Keyboarder, der Piano, Synthesizer und Orgel spielt, die orchestrale Klänge programmierte und Jazz-Fusion-Ansätze mitbringt, die "Awake" in seinen 8 Songs und 48:07 Minuten erstklassig stehen und den Bandsound bereichern.
Mynd setzen auf verschiedenste Facetten. Hier kann es rau und radikal, dreckig und wild zur Sache gehen, dort wird allerfeinster symphonischer Sound entworfen; epische Strukturen mit schön ausgedehnten Instrumentalparts sind ebenso zu hören wie eingängige Refrains und liedhafte Strukturen. Metallisch Hartes trifft auf symphonische Tastenflächen, starke Instrumentalarbeit auf ausgefeilte Chorgesänge (denen nur Tastenmann Christoph entsagt).
Unter den Songs habe ich ganz eindeutig zwei Favoriten, die eindrucksvoll hervorstechen. Zum einen ist dies das 8:12 Minuten lange "a secret place" mit verblüffend komplexer und zugleich eingängiger Komposition, in dessen faszinierendem Mittelteil die ausgefeilteste Instrumentalarbeit zu hören ist - die Fusion-Kanten sind ebenso besonders wie die verflixt schönen Wechsel zwischen Strophe/Refrain und Instrumentalfläche. Perfetto!
Das 5:58 Minuten dauernde "villa straylight" mit seiner Groove-basierten Elektronik-Verfremdung beeindruckt mich ebenso. Wie die Sounds knarren und fließen - alle Achtung, das macht Spaß. Vielleicht glaubt die Band, dass der Track gewagt ist, weil das natürliche elektroakustische Gewand des Progressive Rock verlassen wird. Doch ganz im Gegenteil, der Song ist fabelhaft und jede Sekunde wert. Schön arrangiert!
"Relations" ist mir persönlich zu eingängig. Die Mischung aus leicht rauem Sound, sehr lyrisch balladesker Komposition, hochmelodischem Chor und fast schlagerhaftem Arrangement der Solostimme irritiert mich. "On my isle" im Anschluss ist der richtige Track, mit hartem Gitarrensound und deftigem Rhythmus den Hörgenuss wieder aufzubauen. Der dunkle Symphonic-Stampfer "obsidian sky" sagt mir sehr zu, trotz des etwas zu sehr hervorgemixten Sologesanges. Ebenso ansprechend sind das knackige "mynd awake" und die mystisch-sphärische Note "a new gate".
Mynd bringen ein eindrucksvolles, kraftvolles Album vor, das handwerklich technisch sehr gut eingespielt und eingesungen worden ist. Stilistisch treffen thrashige Metal-Prog-Strukturen auf Jazz-Fusion und Neoprog. Nichts ist zu schön, nichts zu glatt. Der Sound ist rau, hat Atmosphäre und Charakter. Lediglich der Gesang ist mir persönlich etwas zu sehr hervorgehoben. Zudem liebt es Marc Laukel, einige parallele Facetten zum jungen Marillion-Fish zu intonieren, hier und da. OK, aber nicht mein Fall. Schönster Gesangspart neben "a secret place" - das gefühlt Unterwasser eingespielte "a new gate" in seiner bezaubernden Magie.
Tolles Debüt, hoffentlich bleibt die Band in der Besetzung aktiv. Persönlich wünsche ich mir weitere Jazz-Fusion-Anteile, dass die Gitarrenknöpfe schön hochgepegelt sind und der Mann am Schlagzeug weiterhin Fitness betreibt.

mynd.band
VM



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