Music for Hard Times "City of Cardboard" (Public Eyesore 2014)


Tom Nunn: Skatchboxes, Lukie Tubes, Resonance Plates, Crustacean, Ghost Plate, Harmonic Rods, Music Boxes, Friction Twister. Paul Winstanley: Electric Bass Guitar w/extensions + electronic effects. 7 Tracks. 57:46 Minuten Spielzeit.
Wenn da auch die Sprache von 'Electric Bass Guitar' ist, so ist von 'normaler' Musik hier nicht die Rede. Das Duo mit Humor - Music for Hard Times - trefflicher Projektname, dreht an Knöpfen und arbeitet mit elektronischen Maschinen. Was als Sound dabei herauskommt, hat mit 'herkömmlicher' elektronischer Musik nichts zu tun. Eher scheint es, als höre man dem Gedärm bei der Verdauung zu, als grabe sich ein Maulwurf durch die Erde. Als entfalte sich aus der Puppe der Schmetterling und das beste Mikrophon der Welt fange den Klang ein. Vielleicht klingt es so auch, wenn ein Bauer am Brunnen den Eimer herablässt. Das Seil spannt, die Holzkonstruktion klangarbeitet. Als würden Geräte verschoben. Insekten gehen ihrer Arbeit nach. Die Natur wächst aus noch hartem, festen Boden. Hier singen Kreissägen bei der Arbeit, aufgenommen aus der Distanz von mehreren Hundertmetern. Da wird eine Industrieanlage demontiert und das Mikrophon wurde am Tor, weit weg, installiert.
Intuitive Geräusche. Spannend wie ein Krimi. Kein Hörer, der ungewöhnliche Klänge gewohnt ist, wird davon erschreckt. Ganz im Gegenteil, wohl unterhalten sein. Partiell könnten Geräusche aus dem Album direkt als Filmmusik funktionieren, als Spannungsmoment, um Handlung zu forcieren, Atmosphäre zu entwerfen. Was in den Tracks, die lustiger Weise Namen tragen und in der genauen Spielzeit angegeben sind, als handle es sich bei "City of Cardboard" um 'echte' Musik mit konkreter Handlung und kompositorischer Entwicklung, passiert, ist der Ton gewordene Film.
Und doch ist dies Musik. Die Klänge haben ambiente Magie, passen perfekt in die Fahrradgarage zum Schlauchwechseln wie auf die Ohren beim Joggen oder Radfahren. Da ist nichts langweilig. Keine altbekannten, zigmal gehörten Strukturen werden hier aufgemacht. Dies ist ganz neu. Wenn es derart auch schon seit langem gibt. Und weil die Struktur der Klänge nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist und stets spannend bleibt, ohne zu erschrecken, wagt sich das Ohr näher an diesen Sound heran, sitzt mittendrin, lauscht und ist ganz in Konzentration aufgegangen. Gerade, wenn es sehr leise wird, und das passiert häufiger, wird alles ringsum stiller, weil alles zuhört. Der Raum, die Instrumente, das Werkzeug, die Luft, der Staub. Alles hört zu.
Musik für harte Zeiten? Musik für immer und überall.

edengully.bandcamp.com
dockingstation.bandcamp.com
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VM



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