"More Relics - Tribute To Pink Floyd" (Sysyphus Records 2002)

Welchen Sinn macht ein Tribute-Album außer Nostalgie-Vergnügen? Die Frage wird der Fan wohl mit dem Portemonnaie beantworten. Leicht wird ihm die Entscheidung mit "More Relics" nicht gemacht. Zum einen wird der Pink-Floyd-Besessene die digital remasterten Original-Alben im heimischen CD-Schrank haben, wenn nicht gar das ursprüngliche Vinyl. Auf der anderen Seite - und hier beginnt "More Relics" - sind die Cover-Versionen dieser jungen deutschen Bands alles andere als beliebig. Nicht leicht ist der Ansatz der 9 Bands, die sich in den fast 80 Minuten sämtlichst in frühen Phasen aufhalten. Wie wird ein Song gecovert, der so nur unter Einfluss intensiven Drogengenusses gelungen ist? Wie bekommt man das mit nüchten-klaren Kopf und Händen hin? Der Opener "Sysyphus", interpretiert von Rüdiger Gleisberg, offenbart gleich diese Schwierigkeit. Wohl ist das Stück im Ganzen gelungen. Trotzdem würde es als Hintergrundmusik für das Computerspiel "Siedler 3" nicht weiter auffallen. Die dramatische Intensität des Originals ist einer stereotypen und hölzernen Plattheit erlegen, die erst im zweiten Teil leichtfüßiger, melancholischer Lyrik weicht. Mr. Quimby´s Beard machen mit "A Saucerful Of Secrets" deutlich, das Pink Floyds Psychedelic Rock nicht identisch gespielt werden kann, wenn er identisch klingen soll. Die Interpretation mit Ping-Pong-Schlagzeug ist zu transparent, um die Stimmung des Klassikers dynamisch nachzuvollziehen. "Echoes", in ausdauernd 23minütiger Länge, brachte das Solar Project gewiss zum Schwitzen. Der Preis ist das gelungene und quasi identische Ergebnis. Die lethargisch-melodische Ballade "Fat Old Sun", von RPWL intoniert, verblüfft mit modernem Klang, die 2001er Einspielung könnte glatt als moderner Song durchgehen. Fantasyy Factoryy haben sich "Embryo" angenommen. Klang, Interpretation und ausschweifende improvisative Beständigkeit orientieren sich nicht nur am Psychedelic Rock, vielmehr verkörpern sie ihn. Liquid Visions nehmen den Rocker "Ibiza Bar" aufs Korn. Das gelingt ihnen recht gut, die Dynamik ist gelungen. Sula Bassana, ein Sideproject von Liquid Visions, zeigt "Baby Blue Shuffle In D Major" als blubbernd-monotone Ambient-Trance. "Pow R. Toc H." von Invisible Unit markiert den Höhepunkt. Das abstrakte Gitarrensolo im Mittelteil des ansonsten etwas blassen Stückes ist ausserordentlich. Zu guter Letzt darf das melodische "Eclipse" nicht fehlen. Masterkey gibt sich alle erdenkliche Mühe, seine Version ins Rollen zu bringen, was dennoch nicht so ganz gelingen mag. "More Relics" wird von Höhen und Tiefen durchzogen, wobei beides nicht unbedingt zu trennen ist. Überraschungen gibt es immer wieder, gerade in den Improvisationen. In der aufkommenden Psychedelic-Lust der heutigen Tage könnten die Bands - nicht nur mit diesem Album - durchaus erfolgreich sein.

VM



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