Moonlight Comedy "Dorothy" (Lion Music, VÖ: 23.02.2007)

Bestimmte musikalische Stile haben einen derart starken Schlüsselreiz, dass sie eine riesige und sehr fruchtbare Fuhre Nachfolger, Jünger und idealistische Anhänger gebären, die eine ganze Zeit lang kaum unter Kontrolle zu halten sind. Die Beatles sind wohl mit Abstand die zäheste Inspiration in dieser Sache. Anderes hat seine (wenn teilweise auch lange) Zeit, so waren Queen, AC/DC und viele weitere zu ihrer Hochzeit auf jedem Radiokanal zu hören, überall waren Poster mit den Jungs zu haben, die Show wurde ausgesaugt, bis der nächste Act seinen Vorgänger aufs vorschnell ermattete Altenteil verfrachtete. Pink Floyd haben mit ihren späteren Alben im Symphonic Rock nachhaltig gewirkt (wie lange war "Dark Side" in den Albumcharts?).
Doch ein Stil, so als Komplettkonvolut, hat sich selten so tief ins Bewusstsein einer gut ausgebildeten, von den Eltern geliebten und gehüteten Musikergeneration ins Gehirn gepflanzt, wie Prog Metal. Das ist nicht nur Dream Theater zu verdanken, obwohl den Jungs wohl die großflächige infektiöse Nährung des Virus anzuschreiben ist. Und plötzlich war überall Prog Metal zu hören.
Das ist zwar in der Masse etwas abgeklungen, aber immer noch hochaktuell. Spreu und Weizen halten sich die Waage, Innovatoren und Klone marschieren mit selbstbewussten Alben an die Front, zu den Fans. Und tatsächlich gibt es immer wieder Bands, die nicht auf Nummer Sicher gehen, stattdessen durchaus eigenwilliges und eigen erdachtes Musikgut einspielen. Moonlight Comedy haben sich nicht nur einen netten Namen gegeben, sie haben - neben allen Parallelen, allem Stereotypen der Szene, das auch hier zu Gehör kommt - gute und untypische Elemente in ihren harten Komplexrock eingebracht, welche die Vitalität und die Energie erweitern und erhöhen. Da gibt es Poppiges, witzige rhythmische Akzente, wilde Folklorespielereien, dezente Psychedelic-Floskeln - alles in deftigen Rock wohl verpackt. Angenehmer Weise gehören die Italiener nicht zu denen, die stets die harmonieseligste Honigsüße ins Volk kippen, noch angenehmer ist der weitgehend instrumentale Zustand ihrer Songs auf "Dorothy". Zwar ist einer der Herren als Sänger dabei, aber der hat sich Dorothy nicht nur vokal genähert. Emilianio Germani (als hieße ich Italiani!) ist zwar hier und dort mal mit seiner Stimme aktiv, ich würde das aber höchstens als selten bezeichnen. Dafür ist die instrumentale Fraktion allerliebst unterwegs und lässt sich allerlei witziges und nettes Zeug einfallen, da haben auch Robert Fripp, die bulgarische Folklore und Jazzrock ihre bösen Inspirationsfinger im komplexen Spiel - alle Achtung, die Mondlicht Komödianten haben es drauf. Zudem spielen sie mit stereotypen Mustern aus der Rock- und Popmusik und verwursteln komisches und seltsames ebenso wie blödes Zeug auf nette Weise.
Fazit: kein doofes Album, erst recht kein allzu typisches. Der Weisheit letzter Schluss dürfte auch "Dorothy", obschon die Musikdame im Detail nett zu spüren ist, nicht sein. Aber wer will schon das Letzte so früh… Prog Metal hat halt immer noch Tinte auf dem Füller!

moonlightcomedy.com
lionmusic.com

VM




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