The Microscopic Septet "History of the Micros, Vol. 1 & 2" (Cuneiform Records 2006)

Ist das schön! Das Microscopic Septet war einst eine Langzeiteinrichtung New Yorker Jazzclubs, eine siebenköpfige Band, der auch schon mal John Zorn angehörte. Die Band spielte sich durch die Nachtclubs und veröffentlichte zwischen 1983 und 1988 vier Platten, die auf 2 Doppel-CDs von Cuneiform Records mit einer tüchtigen Menge Bonusmaterial wieder veröffentlicht werden.
Von der ersten Sekunde an tanzt das Herz, lacht das Gemüt, freut sich der Blutdruck. Philip Johnston (ss), Don Davis (as), John Hagen (ts), Danny Nigro (ts), Paul Shapiro (ts), Dave Sewelson (bs), Joel Forrester (p), David Hofstra (b, t) und Richard Dworkin (dr) waren die freakigste, rockigste Swingband New Yorks, immer an der lässigsten und lebhaftesten Art interessiert, ihre vielfältigen Ideen samt inspirierter Soli kräftig hinaus zu blasen.
Cuneiform hat wieder einmal ganze Arbeit geleistet. Nicht nur die Tracks der LPs, im allerfeinsten Sound, sondern zusätzlich etliches weitere Material, zu allermeist mit ebenso fantastischem Klang, gibt es hier zu hören.
Pianist Joel Forrester und Sopransaxophonist Philip Johnston sind die Hauptkomponisten, es gibt ein paar Covers, etwa "Crepuscule with Nellie" von Thelonius Monk oder den Popsong "Johnny Come Lately", das Gros sind Eigenkompositionen, deren komponiertes Rückgrat die Basis ist, von der sich die komplette Band gern in die Weite der (harmonischen und melodischen) Soloarbeit aufmacht. Dabei kommt die Band schon mal in Bigband Nähe, wenn alle Bläser unisono mit der Rhythmuscrew flott-kräftige Motive fahren, von denen es wie bei einer Talfahrt immer schneller und virtuoser weitergeht. Kann man nicht in der Bar um die Ecke hören, da hört man nicht mehr auf zu trinken und rauchen vor Begeisterung.
Das siebenköpfige Kernensemble bleibt stets im harmonischen Bereich, lässt alle Emotionen von zaghafter Zurückhaltung über melancholische Verträumtheit bis aggressive Wildheit samt allem dazwischen zu. Die Songs sind sehr kurzweilig, virtuos, oftmals leise und intim, dann wieder pulsierend und im schweren Fieber der Verzückung.
Die beiden separat veröffentlichten 2CDs haben keine Angst vor stilistischen Hürden und jagen über Grenzen dahin, so wird auch mal etwas rockiger gespielt. Und in manchem ganz intensiven Augenblick, wenn die Laszivität des Motivs Zeit und Raum vergessen lässt, schaut auch schon mal die Straßenmusik Albert Aylers in den Raum (ohne die solistische und improvisative Seite) und es scheint, der Trupp zieht einer Beerdigung hinterher, nicht wissend, ob er lieber das Leben oder den Tod umflirten möchte. Begnadet!
Unbedingte Empfehlung für die Band. The Microscopic Septet hat sich eigens für die CD-Auflage ihrer LPs wiedervereint und tourt November und Dezember 2006 in den USA und - Europa!

cuneiformrecords.com
VM



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