Mercury Falling "human nature" (Eigenproduktion 2006)

Erstaunlicher Weise sind es immer die kleinen und noch unbekannten Bands, die sich mit ganzem Schwung und ohne Beeinflussung, was stilistische Orientierung betrifft, in ihre Musik stürzen und überzeugendere Alben abliefern, als gestandene Namen, die, um im Prog-Genre zu bleiben, das böse Prog-Wort scheuen und eine noch eigene, aber deutlich vom P-Wort wegzeigende Musik bauen, dass die Kreuzschmerzen noch das Mindeste sind. Warum zum Henker hasst die ganze Welt "progressive"?
Was für eine Larmoyanz! Blöde Frage.
Mercury Falling machen kein Prog Metal, eher einen Mix aus Prog- und Melodic-Metal mit diversen weiteren Anleihen, mehr als eine Spur Gothic ist in den Songs zu finden, etliche flotte Popeinflüsse flitzen mit den Songs aus den Boxen - das Gros der 10 Songs überzeugt. Wenn es so etwas wie Prog Pop Metal gibt - Mercury Falling geben dafür die Überschrift ab. Daniel (key) und Tobias Galmarini (g) haben Mercury Falling vor 10 Jahren gegründet, ihren Vorbildern nachzueifern und da standen Dream Theater an erster Stelle, was vor allem im Keyboardspiel zu hören ist. Maicel Panitz (dr), Michael Pabst (voc) und Paul Viertel (b) ergänzen das technisch versierte Line-Up, das druckvoll arbeitet. Nicht besonders ausdauernde, dafür lebendige, virtuose Gitarrensoli sind in den 3- bis 7-minütigen Songs zu hören, Sänger Michael Pabst hat ein sehr gutes Metal-Organ, klingt rau und hart, und in den melodischen Gesangspartien ist der dunkle, tiefe Klang seiner Stimme schlicht perfekt, schon, weil sie so gar keine Parallele zum DT-Shouter LaBrie hat, nur in "Sacred Love" mit seinem Gothic-Pop-Touch ist sein Gesang eindeutig viel zu viel des Guten (Bösen?).
Die Rhythmuscrew versieht ihren Job versiert und differenziert, druckvoll und dynamisch, nicht unbedingt besonders technisch komplex, aber eindrucksvoll. Lediglich der Mixer hat einen Fehler gemacht, als er dem Schlagzeug etwas zu viel Hall gab. Aber das soll gewiss so sein, als Einfluss aus dem Melodic Rock.
"Undertow", "Welcome Home", "New Gods", "Alter Ego", "Scars", "Hell inside me" sowie der abschließende Titeltrack haben den stärksten Prog-Metal-Anteil, haben bombastische Partien und in aller Melodieschwere wenig herkömmliche Vorbilder sowie kein rhythmisch teutonisches Poltertum, was etliche deutsche Bands in den vergangenen 30 Metal-Jahren als eben solche enttarnte.
Die 4 weiteren Stücke lassen aber nicht nur in dieser Hinsicht nach, die Kompositionen sind zu schlicht oder passen, wie das fürchterlich nervende, auf Hit getrimmte "Sacred Love" in ihrem Pop-Progmetal-Mix partout nicht ins Programm.
Melodic Metaller können sich auf ein nettes Scheibchen freuen, dass nicht stereotyp Einflüsse herunterbetet, diese zwar nicht ignoriert, aber etwas ganz Eigenes daraus macht, und deren bester Anteil die Inspiration aus dem Prog Metal ist.

mercuryfalling.de
justforkicks.de

VM




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