Meg Okura & The Pan Asian Chamber Jazz Ensemble "Music of Ryuchi Sakamoto" (Eigenproduktion, 3.09.2013)

Ryuichi Sakamoto ist ein japanischer Pianist, Komponist und Produzent (sowie Schauspieler), der zwischen Jazz und Pop arbeitet. Aus dem Jazz kommend, studierte er Musik (Schwerpunkte: elektronische und ethnische Musik). In den späten 1970ern veröffentlichte Sakamoto ein Soloalbum, zur gleichen Zeit gründete er mit anderen die alsbald wohlbekannte und erfolgreiche Elektropopband Yellow Magic Orchestra ("Computer Game"). Ryuchi Sakamoto spielte mit weltweit bekannten Musikern zusammen, so dass sein eigener Name selbst bekannt wurde. Zu zahllosen Kollaborationen mit verschiedenen Ensembles und Musikern kamen Filmmusikaufträge (etwa: ‚Der letzte Kaiser' mit David Byrne), Pophits und gar Handyklingeltöne für Nokia.
Meg Okura (arr, vi, Erhu) und The Pan Asian Chamber Jazz Ensemble [Anne Drummond, fl, a-fl), Helen Sung (p), Dezron Douglas (b) und E.J. Strickland (dr)] haben sämtliche Sakamoto-Kompositionen von ihren ursprünglichen Arrangements befreit, so dass Technopop-Songs wie symphonische Stücke allesamt zu Jazz wurden. Da sind Klezmer-, asiatische (japanisch)-ethnische Arrangements, was manchmal am Einsatz der Instrumente, am Spiel selbst oder der ursprünglichen Komposition liegt.
Zuerst: die Einspielung ist deutlich hörbar von Berufsmusikern erfolgt, die jeden Millimeter ihres Instrumentes sehr genau kennen und wissen, wie welcher Ton in welcher Dynamik zu treffen ist. Das Bandspiel ist sehr lebhaft und dynamisch, forsch und straff organisiert, konzentriert und vital, ohne steril oder kalt zu sein. Ganz im Gegenteil, die Songs sind ungemein emotional. So treffen europäisch-ethnische Motive auf dezenten Barjazz mit japanischen Gedanken im Hinterkopf, die aus klassischer Handschrift und studierter Bildung sprechen. Manchmal wird ein Arrangement etwas zu sehr schöngeistig, in der großartigen Eleganz einer Ballade steckt zuviel Eingängigkeit, wird dem Publikum ein leichter Hörpfad gebaut, was der Komposition strenger besser täte. Das sind marginale Punkte, die vielleicht das Mainstream-(Kaffeehaus-)Publikum braucht, sich einer solchen großen, besonderen und außergewöhnlichen Idee zu widmen. Einem Ensemble, das bekannte Motive eines wohlbekannten Musikers spielt und sich selbst damit verwirklicht. Aus den Songs Stimmungen und instrumentale Finessen erobernd, die darin noch nie geahnt waren.
Mal spielen Meg Okura und Ensemble balladesk blumig, dann technisch rasant. Die Geige ist durchweg von überaus grandioser Qualität gespielt, zum einen im melodischen Spiel, dann in den verhaltenen, ausgefallenen Ideen, die weit über einfaches melodisches Maß hinausgehen sowie und vor allem in den wahnwitzigen Soli, die von berserkerhafter Anmut sind. Die Rhythmusabteilung kann sehr komplex und streng, als spielte sie Avantgarde Rock, und dann von einem zum anderen Augenblick zu melodisch unterstützenden Swing wechseln, ohne es an Qualität und Augenmaß vermissen zu lassen. Überhaupt: Verneigung vor der Rhythmuscrew: was für eine hinreißende Arbeit!
"Grief" etwa beginnt beschwingt und flüssig, dabei kraftvoll und virtuos, doch das Ensemble treibt die Idee streng voran, bis es ausgelassen, wild und hochemotional wird, wo instrumentale Finessen abgefeuert werden, die nur progressive Extravaganzen lebendig machen. Piano und Violine befahren die solistischen Anhöhen mit Bravour lässig und hingebungsvoll, nehmen sich zurück und forcieren doch mit kräftigem Spiel sensibel und klug jede Idee. Da ist beides stets sehr gut zu hören: kompositorische und spieltechnische Substanz. Und das macht ungemein Freude, diesen zwischen Fernost und Modern West pendelnden Arrangements zu lauschen. Selbst in einigen etwas laueren Arrangements. Die CD enthält 12 (rein instrumentale) Tracks, die zusammen 66:39 Minuten ausmachen, da kann die eine oder andere lichte Ballade, stets brillant gespielt, in leichtem Sommerkleid gut ertragen sein.
Unbedingte Empfehlung für dies (ungeahnt) geniale Ethno-Jazz-Werk!

megokura.com
panasianchamberjazzensemble.com
VM





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