McDonald and Giles "McDonald and Giles" (Virgin Records 2002)

Ian McDonald und Michael Giles!?Da war doch was? Genau! Die beiden waren Gründungsmitglieder von King Crimson. Das erste King Crimson - Album haben sie genauso wie Robert Fripp bestimmt. Ian McDonald stieg anschließend aus, während Miles Giles noch für das Follow-Up "In the wake of poseidon" das Schlagzeug bediente. Im gleichen Jahr, 1970, gingen McDonald (g, p, org, sax, fl, zither, cl, voc) und Giles (dr, perc, voc) mit drei weiteren Musikern [Peter Giles (b), Steve Winwood (org, p) und Michael Blakesley (tromb)] in das Island Studio in London und nahmen die 5 Songs ihres eigenen Debüts auf (dem leider kein weiteres Album dieser Kollaboration folgen sollte). Auf Seite 1 der ursprünglichen LP waren 4 Songs, die viele Stilistika von King Crimson zeigen und somit auf den Einfluss hinweisen, den beide Musiker in der erfolgreichen Band hatten. Doch nicht nur crimso-typische Elemente, längst nicht nur, waren Bestandteil von "McDonald and Giles". Die Songs sind viel akustischer, swingen mehr, bieten folkloristische und bluesige Typica und haben immer viel Gespür für songdienliche und dennoch ausgedehnte und schwer progressive Elemente. Auffällig ist der fast stets präsente Einfluss der Beatles. Manches gar, wie etwa "Flight of the Ibis", "Is she waiting?" und Teile des seitenlangen "Birdman" (2. LP-Seite) klingen gar wie eine kongeniale Mischung aus King Crimson und Beatles. Doch um es klar zu machen: Ian McDonald und Michael Giles liehen sich den Ausdruck beider Bands, die damals als Sonne am Pophimmel schienen und an denen man nicht vorbeikam - und machten daraus mit unglaublich beeindruckenden und wertvollen Kompositionen etwas ganz und gar eigenes, das sich auch heute, 33 Jahre später, fabelhaft und zeitlos anhört. Die begnadeten Komponisten und illustren Handwerker spielten das originäre Werk ein, das sich anhört, als würden sie sich so ganz nebenbei nur damit beschäftigen. Die Lässigkeit und Eleganz des kompletten Albums ist von großer Klasse und spricht dafür, dass die beiden nicht beleidigt von dannen zogen, als King Crimson für sie zu Ende war, sondern erst richtig ausholten. Vielleicht hätten sie nie zu dieser grandiosen Qualität gefunden, wären sie Crimsos geblieben und der zunehmenden Herrschaft von Robert Fripp ausgeliefert. "Birdman" als 21minütige Orgie bleibt keinen Beweis schuldig. Die Ideenfülle, der Klangreichtum und das perfekte Handwerk sind ein lustvoller Genuss ohne Reue. Hier wird auch der Humor deutlich, den McDonald und Giles (typisch britisch) so ganz nebensächlich einstreuen. Der lange und wohltuend melancholische Ausklang der langen "Rille" geriet zum Ende etwas sehr seicht und schönklänglich, aber immer auf dem Grat, mit eisernem Willen und handwerklicher Finesse geschaffen. Muss man gehört haben. Die Progressive Rocker dieses Planeten sollten daran nicht vorbeiziehen. Das ist King Crimson ohne Robert Fripp. Endlich bekommen die einst involvierten Musiker das Gewicht, dass ihnen zusteht. Ein herausragendes Werk hervorragender Musiker. Unbedingt testen!

VM



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