Marcos Fernandes "Sounding the space" (Accretions 2014)


"Ich bin mehr an Sound als an Musik interessiert", meint Marcos Fernandes zu Beginn des dokumentarischen Films, den Hans Fjellestad produzierte. Marcos Fernandes ist Improvisator, Komponist, Instrumentalist und Phonographer. So ist er hier zu sehen, wie er mit einem Mikrophon und Aufnahmegerät in der Stadt unterwegs ist, die umliegenden Geräusche aufzunehmen.
Marcos Fernandes hat einen portugiesischen Vater und eine japanische Mutter. 1973 zog das Elternpaar mit seinem in Japan geborenen Sohn nach Kalifornien. 2008, 35 Jahre später, kehrt Marcos Fernandes an seinen Ursprung zurück, Wurzeln zu ergründen, aber auch, um die Arbeiten seines Großvaters Uheiji Nagano zu sehen, der als bedeutender Architekt vielfach klassische Gebäude entwarf und baute.
Die Dokumentation enthält Konzertmitschnitte improvisativer Musik, historische und aktuelle Aufnahmen japanischer Gebäude, von Uheiji Nagano entworfen und gebaut, teilweise von Historikern und Architekten erläutert; da sind Straßenszenen mit Marcos Fernandes und Mikrophon, Interviews mit mehreren Personen, darunter Marcos Fernandes selbst, seine Mutter, Künstler und Architekten.
Die Musik ist überwiegend frei improvisierte Avantgarde, die starke (japanische) folkloristische Bezüge hat, überwiegend von japanischen und amerikanischen Musikern auf verschiedenen Bühnen gespielt und live aufgenommen wurde. Da sind starke Ansätze zum Free und Avantgarde Jazz, indes weniger präsent als die klassischen folkoristischen Muster. Die Musik, die Konzerte samt Tänzern und Performern sind stark abstrakt und intellektuell, dabei sehr erfüllend und überraschend. Die Aktion der Musiker auf der Bühne, die Tänzer davor, das entspannte Publikum - die Dokumentation ist großartig gefilmt und produziert.
Der etwa 60 Minuten andauernde Film ist sehr kurzweilig ‚komponiert' - für Freunde abstrakter Musik und Interessierter an Marcos Fernandes Arbeit sowie japanischer Architektur. Nichts wirkt überladen oder aufgedrängt, Filmemacher Hans Fjellestad lässt Musik wie Bilder und Interviews sprechen. Da ist nichts, was die ‚Kunst' oder Qualität der Musik, der Gebäude, der handelnden Personen hervorhebt, nur die schlichte Präsentation.
Die nüchterne Bildsprache, die verrückt seltsamen Tänzer, die abstrakte Musik und die Arbeit der Musiker auf der Bühne, die Häuser und Interviews - als Film ebenso erfüllend interessant wie der Inhalt an sich. Großartiger Film!

soundingthespace.com
accretions.com
VM



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