Mahavishnu Re-Defined "A Tribute to John McLaughlin and the Mahavishnu Orchestra" (esc records, VO: 06.1 L2008)

Das Mahavishnu Orchestra war eine ganz besondere Band in einer ganz besonderen Zeit. Die Vorstellungen von Jazz und Rock brachen auf, explodierten, verbanden sich neu. Jazzmusiker begannen, Jazz auf elektrischen Instrumenten wie Rockmusiker zu spielen, wie Miles Davis, und aus seinem Erbe das Mahavishnu Orchestra, Weather Report oder Return To Forever, um nur einige zu nennen. Rockmusiker ließen liedhafte Schemata hinter sich, brachen in avantgardistische Sperrigkeit auf, wie King Crimson, Yes, Gentle Giant, Soft Machine oder Magma. Beide Seiten kamen sich dabei oft sehr nahe.
Musikalische Freiheit und Experimentierfreudigkeit waren keine Lettern, dick auf die Stirn gepinnt, sondern intuitiv verstandene und lüstern umgesetzte Kriterien neuer, wilder, harter und lauter Musik, die Stilzwängen entfliehen wollte (und neue schaffte).
Die Geburtsstunde von Jazzrock (oder Jazz-Fusion) und Progressive Rock war zugleich beider Höhepunkt, der einige Jahre auf hohem Niveau anhielt, aber stetig an Qualität verlor und sich in eigenen Stilzwängen verhedderte.
Das Mahavishnu Orchestra hat, für die Einen, den bestmöglichen Jazzrock gespielt, für die Anderen war es die wildeste Jazzvariante progressiver Rockmusik. Die Band ist, vor allem wegen ihrer ersten beiden Alben, zur Legende geworden, zu einem Qualitätsmerkmal, an dem Freaks und Fans sich ebenso wie Musiker erkennen können.
John McLaughlin wurde zur Zeit des ersten, originalen Mahavishnu Orchestras in einem Interview nach einem Konzert gefragt, warum er seine Botschaft von Liebe, Frieden und Menschlichkeit denn in derart harte, wilde Musik verpacke, worauf McLaughlin meinte, seine Musik sei eine ganz normale Möglichkeit, diese Botschaften zu vermitteln, beinhalte positive Intensität und Leidenschaft.
Intensität! Diese Kompositionen in dieser Intensität, das macht die grandiose Musik so erfolgreich. Bis heute hat die Musik des Mahavishnu Orchestra nichts von ihrer Magie verloren, keine Patina angesetzt, müssen nachfolgende Musiker sich daran messen lassen. Die Musik vieler der auf der Tribute-2CD versammelten Bands ist sehr ansprechend, hat aber wenig nur mit der urbanen Kraft und leidenschaftlichen Intensität zu tun, mit der das originale Mahavishnu Orchestra musizierte.
Das Spektrum auf den beiden CDs ist sehr facettenreich, wird dem Anliegen der CD, dem Vorbild, aber überwiegend nicht gerecht. Die Zusammenstellung wirkt etwas bemüht. Zum einen haben wenige der Songs (selbst der Covertracks) stilistisch etwas mit dem Mahavishnu Orchestra zu tun, zum anderen wirken etliche Stücke im Vergleich zum Vorbild geradezu bieder. Einmal mehr zeigt sich darin, wie unvergleichlich und unerreichbar das Mahavishnu Orchestra immer noch ist. Es bedarf heute wohl extravaganten Heavy Metal Jazz', der Musik John McLaughlins gerecht zu werden. Ob das jedoch gelingen kann?!?
Die beiden randvollen CDs enthalten viel Fusion, Stilgrenzen übergreifendes (Nguyen Lê, der Jazz, Rock, ethnische Weltmusik und Klassik ansprechend verbindet), Shakti - Beeinflusstes, Klassik- und Folk-nahes, Akustisches, Soloarbeiten von Gitarristen und Pianisten.
Die feinste Bearbeitung einer McLaughlin-Komposition liefert das Radio.String.Quartet.Vienna mit "Meeting of the Spirits". Vielleicht gerade weil das Quartett nur klassische Instrumente spielt und damit keinen "gleichen" Sound, wie das Mahavishnu Orchestra und viel Spielfreude und Dynamik zu hören ist, wirkt das Stück des Projektes umwerfend, geradezu verblüffend.
Ebenfalls sehr gelungen ist Gary Husbands "Celestial Terrestrial Commuters" (Piano solo), sowie Dennis Chambers' "Paris On Mine"" und Vic Stevens' "Would You Like To Dance?" - die beiden letzten, weil sie heftiger rocken, als die anderen versammelten Jazzrockbands. Trinity Xperiment, das Mahavishnu Project Gregg Bendians und Gianfranco Continenza sind dem Original, was Intensität betrifft, relativ nahe. Andere Beteiligte bespielen andere Baustellen, ihre Beiträge sind persönliche Verneigungen vor der Band als ihrem Einfluss, ohne dass sie diesem nacheifern.
King Crimson, Frank Zappa, Mahavishnu Orchestra - Tribute-Alben bleiben bei diesen großen Bands und Musikern (Robert Fripp, Frank Zappa und John McLaughlin hatten die diktatorischen Züge gemeinsam) immer eine heikle Sache. Zu empfehlen sind zuerst natürlich die originalen Alben, beim Mahavishnu Orchestra neben "The Inner Mounting Flame" und "Birds Of Fire" auch das grandiose "Apocalypse". Wer auf das Erbe des Mahavishnu Orchestras im Einfluss heutiger Musiker neugierig ist, dem sei die unterhaltsame Tribute-Zusammenstellung durchaus empfohlen. Danach hören sich die Platten des Vorbildes noch unglaublicher und genialer an...

esc-records.de
johnmclaughlin.com
VM





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