Magellan "Symphony For A Misanthrope" (InsideOut, VÖ: 18.04.2005)

Geliebt und gefürchtet sind die beiden Gardner Brüder der amerikanischen Progressive Rock Band Magellan. Geliebt wegen ihrer kompromisslosen progressiven Komplexität, der perfekt verzahnten, endlos vielen Ideen. Gefürchtet wegen ihrer aggressiven Härte, ihres wilden ungestümen Drauflosdreschens und des mordsmäßigen Bombastes.
"Symphony For A Misanthrope" ist ein typisches Magellan Album. Trent (voc, key) und Wayne (g, b, voc) Gardner, nebenher in diversen Projekten engagiert, haben sich für die vakanten Positionen an den notwendigen Instrumenten Gäste ins Studio geholt. Robert Berry (dr, g), Joe Franco (dr), Stephen Imbler (p) sowie Steve Walsh & Dave Manion (key) sind jeweils in einzelnen Tracks zu hören. Die Markenzeichen sind die Gleichen wie stets zuvor: dramatischer, überaus fetter Keyboardbombast, knüppelhartes Getrommel, heavy rockende Gitarre; alles komprimiert und äußerst deftig. Dazu die Stimme von Trent Gardner, die mit lang gezogenen, hellen und schneidenden Tönen den Hörsinn erschüttert.
Typisch Magellan, bestehen die Songs aus steten Harmoniewechseln, die kein Interesse daran haben, sich den Ohren einzuschmeicheln. Da gilt es, Nerven zu zeigen. Hier kann man nicht mit halbem Ohr zuhören, die Musik ist viel zu hart und anspruchsvoll.
Die "Symphonie für den Menschenhasser" startet mit der dramatischen, aber vergleichsweise noch leichten "Symphonette" in die tonale Welt Magellans. Das instrumentale Stück, in dem Steve Walsh (Kansas) mordsmäßigen Keyboardbombast auffährt, klingt wie der Opener zu einem klassischen Werk, vielleicht der Oper über den dritten Weltkrieg. Tatsächlich wird das Stück zum Ende hin leise und lyrisch. Alle Achtung, das ist nett!
Das Erschießungskommando tritt im zweiten Teil auf. "Why Water Weeds?" hat nur einen Fehler: mittendrin verirrt sich der Rhythmus, warum auch immer(!?), kurzzeitig zu stampfendem Techno, während die Waffenstrotzenden Soldaten wie Elefanten durch das Menschenheer stampfen. Hier werden keine Gefangenen gemacht. Was für ein Gemetzel. Das ist kein Prog Metal, das ist Metal Prog mit 100% Bombastfaktor und einer dramatischen Tondichte, dass die Sinne in ihrer Unerschütterlichkeit angegriffen werden!
"Wisdom" nennt sich das dritte Stück. Und wirklich, es ist leise und harmonisch; sehr weise, mal einen Gang runter zu schalten. Dennoch, Keyboards gibt es auch hier laut und überall, was im kommenden Longtrack "Cranium Reef Suite" 18 Minuten lang zur Höchstform aufläuft. Auch hier hält sich die Musikerbande erst zurück. Aber das ist nicht ihre Stärke. Sie sind für den Frontalangriff, und der folgt natürlich bald. Hammer, die rocken und rollen, dass der Schädel DRÖHNT!
Danach hilft nur der Griff in die Klassikkiste und sie präsentieren mit dem virtuosen "Pianissimo Intermission" ein Stück, dass sie von einem der ganz Großen aus der Klassik geklaut haben, dessen Name mir eigentlich auf der Zunge liegen sollte…
Der Song danach ist das musikalische Porträt des "Doctor Concoctor", unter dessen Fittiche man besser nicht gerät. Zu Beginn noch zivilisiert, geraten schneidender Keyboardsound, rattenscharfe Gitarren und der unzweifelhaft angriffslustige Gesang bald in Oberhand und zerstören jede Hoffnung auf Überleben.
Zum Zeichen, dass das alles nur Show war, ist der letzte Track "Every Bullet Needs Blood" versöhnlich gestimmt. Danke.
Das perfekte Album für die Sado-Maso-Fans unter den Progheads ist ein Hammerteil, im wahrsten Sinne des Wortes. Danach heißt die Sehnsucht Stille. Ein wahrhaft befriedigendes Werk!

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