Liquid Scarlet "II"
CD-EP "Killer Couple Strikes Again" (Progress Records, VÖ: 26.09.2005)

Just vor zwei Wochen haben sie in Würzburg einen berauschenden Gig gegeben, ganz in Weiß haben sie sich auf der schwarzen Bühne abgekämpft und ihre crimsonesken Minimalopern ins Publikum geschmettert. Der erste Track auf der CD war auch Opener des Konzertes. "Lines Are Drawn Again" und das folgende, 10-minütige "The Carafe (Part II)" klingen wie King Crimson Anfang der 70er, damit stehen Liquid Scarlet ganz in der erfolgreichen Tradition von Anekdoten und Landberk, die ebenso angefangen haben. Und Liquid Scarlet lassen eine ähnliche Entwicklung wie die genannten Bands erkennen, die gleichzeitig veröffentlichte CD-EP "Killer Couple Strikes Again" mit nur einer Überschneidung zu "II" trägt deutlich alternativere, poppigere Züge.
Spielen die Bands aus dem hohen Norden mit dem dunklen Image? Oder liegt ihnen das melancholisch Düstere wirklich im Blut? Wie auch immer, Liquid Scarlet ist die dunkle Seite der Macht wieder einmal sehr gut gelungen. "The Carafe (Part II)" gefällt mir ganz besonders gut, vor allem im zweiten, improvisativ wirkenden, jazzigen Teil, der ganz besonders wie frühe (live improvisierende) King Crimson klingt. Die Songs der Band sind nicht besonders komplex, die Band setzt auf melancholische Atmosphäre, auf epische Weite und den kühlen Klang gehauchter dunkler Energie. Markante Punkte setzen die 5 Jungs mit melodischen Schlenkern, die aus der Klassik geklaut sind.
"Rhododendron" beginnt folkloristisch, mit einer schrägen, eigentümlichen melodischen Idee, die fast als Seemannsgarn durchgehen könnte, wenn das Stück sich nicht, wie die meisten Songs der Band, kraftvoll steigern würde. Dabei kracht die Band gut ab, lässt den Bass schwer dröhnen, verkompliziert die Rhythmen und spielt mit allerlei Keyboardgedröhn. Klingt gut, alles was Recht ist.
Das Aufputschen der Songs überhaupt, und das Wieder-in-sich-Zusammenfallen ist der größte Genuss überhaupt. Eben noch revoltierte die Band mit heftigem Krach, da bricht alles ein und die akustische Gitarre darf ein rostiges Stück Sensibilität interpretieren. Das ist fein!
Die CD-EP jedoch wird nicht so viele Freunde unter den Melancholic Dark Prog Freaks finden. Die Songs sind schlichter und längst nicht derart emotional aufgebracht. Nett, die unterschiedliche Variante zu "Killer Couple Strikes Again" und überhaupt das Klima der CD-EP, die verspielten und folkigen Popsongs zwischen verrauchten Keyboardseufzern und abgehangenem Gitarrenflirren, zumeist nett. Und klar, die Vibraphon-Imitation in der leichtfüßigen Note "Heading For Golgotha" hat was. Die Musik klingt nach Schneefall, Dunkelheit und stürmischen Winternächten. Wenig melodische und rhythmische Variation reicht aus, so ein gemütlich schauriges Gefühl zu entwerfen.

liquidscarlet.com
progressrec.com
justforkicks.de
VM



Zurück