Leprous "The Congregation" (Inside Out, 25.05.2015)


Wir Alten sind Draußen. Das war mein erster Gedanke. "The Congregation" ist Progressive Metal der nächsten Generation. Definitiv nächste Generation. Was hier an Einflüssen und stilistischen Mitteln offensiv und verpackt zu hören ist, streift jede Spielart der Rockmusik seit 1972. Es fängt nicht bei Jazz Fusion Inlays an und hört nicht bei Techno auf. Die kennen King Crimson und Depeche Mode - und stehen auf beides. Tiefer gestimmte Gitarren und extrem heiseres Gekreische lassen an Black Metal und Doom denken - in einem Zusammenhang. Ambiente Ganztiefdüstere Electronic paart sich mit Schreddergebolze, jeder sein Part nebeneinander, aber nur zusammen funktioniert es. Selbst der auch schon angejahrte Alternative Prog klingt hier in der letzten Verarbeitungsphase ab.
Da sind Stilmittel unzähliger Art, vereint in technisch radikalkomplexer bis klachlaut schredderkrawalliger Metalsprache, die dem Terminus Prog Metal entwachsen ist und Fäden in die noch offene Zukunft spinnt. Wenn die frisch nachwachsenden Kinder von heute das hören, aus denen später weiter gebildete Musikfreaks werden, ist das ein Einfluss, der nicht nur keine Verbote kennt, sondern aus allen Phasen Päckchen trägt, ohne sie unbedingt zu nutzen, sie nur über die eigene Musik transportiert. Kann ein Knabe oder ein Mädchen mit 13 Jahren diesen Sound hören und in die Vergangenheit forschen? Auf diesem Pfad schon.
Leprous sind nicht mehr das, was sie zu Anfang ihrer Karriere waren. Sie sind weit gekommen, lassen ihre Gitarren auf ungewöhnlichen und erst verwirrenden Notenfolgen tanzen, während das Schlagzeug auf den ersten Blick pappig wirkt, erst später öffnet sich der hüpfende Rhythmusberg und das rasante Geschehen darum, manchmal sogar in etwas linderer Geschwindigkeit unterwegs, macht seinen tonalen Raum offenbar. Unnahbar ist der Sound der 11 Tracks auf "The Congregation" nicht, nur zukünftig, radikal und extrem modern und mit keinem Gedanken back tot he roots gedacht, sondern auf Science-Expedition in der Neuen Tonalen Progwelt unterwegs. Ausgedehnt Instrumentales findet nicht statt.
Der Gesang, Chor oder Solo, schreckte mich anfangs erheblich ab. Diese hochemotionalen Schlenker auf eher kalten Gesangslinien, diese scharfen Kurven und kreischlauten Übertonungen, das seichte Sanftsingen, die Bubi-Stimmen, alt und stark klingend, doch ungemein jung, die krassen harmonischen Folgen und der stürmische, immer wilder werdende Sound! Die Band darum klingt fast wie Techno, nur dass dieser Metal plus Electro(nic)-Sound kein Dancefloor ist, aber ähnliche Tastensounds nutzt. Wie gesagt, Berührungsängste gibt es nicht. Metal, Techno, Prog, wildes, krasses Handwerk an echten Instrumenten in hochkomplexen, energisch radikalen Kompositionen - diese Jungs schmeißen uns Alte bald raus.
Grandioses Album, als Download Mist (kein Booklet, keine Texte).

LEPROUS - "The Congregation" (65:45)

1. The Price (5:14)
2. Third Law (6:18)
3. Rewind (7:07)
4. The Flood (7:51)
5. Triumphant (4:25)
6. Within My Fence (3:16)
7. Red (6:35)
8. Slave (6:37)
9. Moon (7:13)
10. Down (6:26)
11. Lower (4:39)

Notice: The limited edition Mediabook CD as as well as the 2LP version of the album will include the special bonus-track "The Pixel" (5:15).

Line-Up:

Einar Solberg - synth/vocals
Tor Oddmund Suhrke - guitar
Øystein Landsverk - guitar
Baard Kolstad - drums

Discography:

Aeolia - 2006
Tall Poppy Syndrome - 2009
Bilateral - 2011
Coal - 2013
The Congregation - CD 2015

leprous.net
facebook.com/leprousband
youtube.com/leprouschannel

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